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Die preußische Verfassung. 
*190. Die preußische Verfassung. 
I. 
Eine Sitzung des Hauses der Abgeordneten. 
Präsident: Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll führt 
der Abgeordnete W., die Rednerliste der Abg. J. Das Protokoll 
über die gestrige Sitzung liegt auf dem Bureau zur Einsicht aus. — 
Kraft meiner Befugnis habe ich den Abgeordneten v. S. u. v. K. 
zur Teilnahme an Provinzial - Landtagsverhandlungen auf 5 Tage 
Urlaub erteilt. — Von dem Herrn Finanzminister und dem Herrn 
Minister der öffentlichen Arbeiten ist ein Bericht über die weitere 
Ausführung von Eisenbahn-Verstaatlichungsgesetz en ein¬ 
gegangen. Ich habe Druck und Verteilung dieser Vorlage ange¬ 
ordnet. 
Wir treten in die Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten 
Beratung des Entwurfs des Staatshaushaltsetats für 1898/99 
und zwar: Handels- und Ge werbe Verwaltung. Wir sind 
stehen geblieben bei Kap. 67 der dauernden Ausgaben, Tit. 1. 
Das Wort hat der Abg. S. 
Abg. 8.: M. H.! Der Herr Handelsminister hat bei der Be¬ 
ratung der Handwerkervorlage im Reichstage am 1. April 1897 
geäußert: „Ich hoffe, daß im preußischen Staate in Zukunft mehr 
für das Handwerk getan wird; ich glaube es meinerseits in Aus¬ 
sicht stellen zu können.“ Deshalb habe ich erwartet, es würde im 
gegenwärtigen Etat für das Handwerk mehr eingesetzt sein als 
bisher. Aus Kap. 69 des Etats ergibt sich zwar, daß für Fragen, 
die das Handwerk berühren, 869000 Mark und in Kap. 7 der ein¬ 
maligen Ausgaben 447000 Mark mehr aufgewandt sind. Das 
sind allerdings bedeutende Summen; wenn man aber in die einzelnen 
Titel näher hineinsteigt, so sieht man, daß sie nicht unmittelbar dem 
Handwerk zu gute kommen, sondern dem Schulwesen im Hand¬ 
werk. Für das Handwerk selbst habe ich wenig oder gar nichts finden 
können. Die einzige Position, die vielleicht für das Handwerk von 
Interesse sein könnte, findet sich im außerordentlichen Etat, Kap. 7, 
Tit. 26. Dort sind nämlich 10000 Mark eingestellt für die Weiter¬ 
entwickelung des Genossenschaftswesens im Kleinge¬ 
werbe. Es ist nun nicht zu verkennen, daß die Summen, die aut 
eine bessere Schulbildung im Handwerk verwandt werden, letzterem 
auch zu gute kommen, aber erst, wenn die jungen Leute, die jetzt 
davon Nutzen haben, als Meister etwas leisten können, also nach 
15—20 Jahren. Für das Handwerk selbst liegen aber so dringliche 
Aufgaben vor, daß unbedingt mehr dafür hätte gegeben werden 
müssen. Als solche dringlichen Aufgaben betrachte ich es, durch 
Innungen, Handwerkerkammern und Genossenschaften das Hand¬ 
werk in seinem Kampfe gegen die Industrie zu unterstützen und 
es widerstandsfähiger zu machen. Ich möchte deshalb den Herrn 
Handelsminister dringend bitten, noch in diesem Jahre im Wege 
des Nachtragsetats eine höhere Summe zur direkten 
Förderung des Handwerks zu bewilligen, damit die Ansicht,
	        
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