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Geschichte.
leisten (Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam). Für uns ist am wichtigsten der
Deutsche Ritterorden, dessen Glieder einen weißen Mantel mit schwarzem
Kreuze trugen. Sie eroberten seit 1228 Preußen. Später erlagen sie der
Macht der Polen. 1525 wurde Preußen ein weltliches Herzogtum, dessen
erster Herzog, Albrecht, ein Hohenzoller war.
2. Städteleben. Die Städte waren damals mit hohen Mauern um¬
geben; enge Thore, die allabendlich geschlossen wurden, führten hindurch. Die
Straßen waren ungepflastert und eng, aber die Häuser entbehrten nicht mancherlei
Schmuckes. Am Marktplatz erhoben sich die Kirche und das Rathaus, meist
großartige Bauwerke mit schlanken Türmen.
Die Bewohner der Städte, die Bürger, waren anfangs jene freien
Bauern (s. § 5. 2). Ihre Nachkommen, die Geschlechter, regierten die Stadt.
Aber auch viele Leibeigene kamen in die Städte und trieben Handwerke. Männer,
die dasselbe Gewerbe trieben, bildeten eine Zunft, die für die Hebung des
gesamten Handwerkerstandes von größter Bedeutung wurde.
Auch der Handel blühte in den Städten auf, da nur in ihnen die
Märkte gehalten wurden. Bald aber zog der Kaufmann über die Grenzen
des Reiches, um die Erzeugnisse der Heimat gegen die anderer Länder aus¬
zutauschen. — Zur Zeit der Kreuzzüge entstand in Zürich, Augsburg, Nürn¬
berg und anderen süddeutschen Städten ein reger Verkehr, indem ihre Kauf¬
leute die Waren des Morgenlandes, welche zu Schiffe nach Venedig und
Genua gebracht worden waren, von hier in ihre Heimat holten und dann
weiter versandten. — Diese Städte wurden reich und darum mächtig; ihrer
viele erkauften von den geldbedürftigen Fürsten völlige Unabhängigkeit und
erkannten nur die Oberhoheit des Kaisers an. Sie hießen freie Reichs¬
städte. — Um sich gegen die Raubritter zu schützen und Land- und Wasser¬
wege in gutem Zustande zu erhalten, schlossen viele Städte Bündnisse. (Die
Hansa 1241.)
3. Kunst. Die Zeit der Hohenstaufen war die höchste Blütezeit derselben.
Die Dichtkunst ward von Rittern geübt. Sie priesen in ihren Liedern
die Himmelskönigin Maria, die edle Minne (Minnesänger) und die großen
Thaten der Helden. (Walther von der Vogelweide.) Später fand die Poesie
eine Heimstätte bei den Bürgern. Die Dichtkunst sank bald Hur Reimerei
herab. Der berühmteste Meistersänger war Hans Sachs in Nürnberg.
Die Baukunst trat frühe in den Dienst der Kirche. Man baute die
Gotteshäuser in dem romanischen Baustil, kenntlich an den halbkreisrunden
Bogen. (Dome zu Worms und Speier.) Aber in der Hohenstaufenzeit bildete
sich der Spitzbogen- oder g otische Baustil aus. Der Hauptschmuck der gotischen
Kirchen sind die schlanken Türme. (Der Kölner Dom, das Straßburger Münster.)
4. Rechtspflege. Jene Grafengerichte (§ 4. 6) richteten nach Sitte und
Herkommen; erst später schrieb man die Gesetze auf. Die Rechtspflege war sehr
gewaltthätig. Verweigerte der Verklagte das Geständnis, so wurde es durch
furchtbare Folterqualen erpreßt, oder der Arme mußte durch ein Gottesurteil
seine Unschuld beweisen. — Die Rechtspflege aber wurde mit dem Sinken der
Kaisermacht noch schlechter; die Grundherren, die nun vielfach als oberste
Richter auftraten, waren oft selbst Verbrecher. In dieser richterlosen Zeit
gewannen in Westfalen die Femgerichte Bedeutung. Sie sprachen Recht im
Namen des Kaisers, ohne Ansehen der Person. War jemand angeklagt, so
fand er den Vorladebrief an seiner Thiir. Erschien der Angeklagte nicht vor
Gericht, das am liebsten unter einer mächtigen Linde von vermummten Richtern