Rudolf von Habsburg. — Johannes Huß. 
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gehalten wurde, oder konnte der Erschienene sich nicht rechtfertigen, so wurde 
er „verfemt" und bald darauf gehängt oder erstochen. 
§ 10. Rudolf von Habsburg. 
1. Das Interregnum (Zwischenreich) begann mit dem Erlöschen der 
Hohenstaufen 1254. Bis 1273 erlangte kein Kaiser allgemeine Anerkennung. 
In dieser traurigen Zeit suchte sich ein jeder selbst Recht zu verschaffen. End¬ 
lose Fehden herrschten unter den Fürsten. Die Ritterburgen wurden Raub¬ 
nester, von denen aus die Raubritter über die Warenzüge des Kaufmannes 
und das Vieh des Landmannes raubend herfielen. 
2. Rudolfs Wahl. Endlich wurden die Fürsten dieses Treibens müde 
und wählten Rudolf von Habsburg zum Könige, weil er ihnen nicht allzu 
mächtig schien, aber doch ein thatkräftiger Mann war. (Von seiner Krönung 
erzählt uns Schiller im „Graf von Habsburg".) 
3. Rudolf zerstörte, im Reiche umherziehend, die Raubritterburgen und 
stellte so Ruhe her. Den mächtigsten Fürsten, Ottokar von Böhmen, der ihn 
nicht anerkennen wollte, schlug er auf dem Marchfelde 1278; Ottokar kam in 
der Schlacht um. Dessen Söhnen nahm er Österreich und Steiermark, belehnte 
damit seine eigenen Söhne und stiftete so die habsburgische Hausmacht. 
4. Einen Zug nach Italien hat Rudolf nicht unternommen. Er haßle 
den Prunk und gewann durch seine Einfachheit, seinen Verstand, seine Ge¬ 
rechtigkeit und sein volkstümliches Auftreten die Liebe des Volkes. 1291 starb 
er und wurde in Speier begraben. (Just. Kerner: Kaiser Rudolfs Ritt zum 
Grabe.) Obgleich Rudolf allgemein geehrt worden war, wählten die Fürsten 
seinen einäugigen Sohn Albrecht nicht zum Könige. Erst nach sieben Jahren 
erlangte er diese Würde. Er wollte die freien Waldstädte der Schweiz seiner 
Hausmacht einverleiben, aber diese verteidigten sich mit Erfolg. (Tell-Sage.) 
Der Kaiser wurde von seinem eigenen Neffen, den er in seiner Ländergier 
übervorteilt hatte, ermordet. — 
Über die Kaiser Ludwig den Bayer und Karl IV. siehe § 15. 6. D. 
§ li. Johannes Husz (1415). 
1. Die Verderbnis der Kirche war groß geworden. Drei Päpste regier¬ 
ten zu gleicher Zeit. Als Kirchenlehre war vieles aufgestellt worden, was mit 
der Heiligen Schrift nicht übereinstimmte, z. B. die Verehrung der Heiligen, die 
Ohrenbeichte, das Sakrament der Priesterweihe, die Entziehung des Kelches 
beim heiligen Abendmahl u. s. w. Ünd unter den Geistlichen herrschte vielfach 
große Sittenlosigkeit. — Fromme Christen waren zwar gegen all dies auf¬ 
getreten, z. B. Peter Waldus in Lyon und Professor Wiclef in England, aber 
sie wurden von der Kirche gebannt und ihre Anhänger als Ketzer verfolgt. 
2. Johannes Huß, Professor an der Universität zu Prag, war auch ein 
Anhänger jener Leute und trat öffentlich gegen die Ärgernis erregenden Mi߬ 
bräuche auf. Er wurde in den Bann gethan und vor die Kirchenversammlung 
(Konzil) zu Konstanz berufen, die Sigismund, Karls IV. Sohn, zustande 
gebracht hatte. Hier wurden die drei Päpste abgesetzt und ein neuer gewählt. 
Huß hatte vom Kaiser freies Geleit erhalten. Aber der Papst ließ ihn in ein 
ungesundes Gefängnis werfen. Als er vor das Konzil geführt wurde, sollte er 
widerrufen; da er dies nicht thun konnte, so verurteilte man ihn zum Feuer¬ 
tode. Am 6. Juli 1415, seinem Geburtstage, wurde er zum Scheiterhaufen 
geführt und starb in den Flammen mit einem Gebet auf den Lippen. — Aber 
F. Hirts Realienbuch Heft l. 5
	        
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