] 44 Vierte Periode. Die Begründung des neuen Deutschen Reiches zc.
Reiches noch oft feine Stimme erschallen ließ. Zur größten Freude des
deutschen Volkes kam im Jahre 1896 zwischen Kaiser und Kanzler wieder eine
Versöhnung zustande, und als der alte Bismarck am 30. Juli 1898 seine
v jP Augen schloß, da stand mit den Edelsten der Nation der Kaiser, um den
H größten Staatsmann des Jahrhunderts aufrichtig trauernd, an seiner Bahre.
n ivfXtfi Bismarcks Nachfolger wurden Graf Caprivi, Fürst Hohenlohe und
^ , im Jahre 1900 der jetzt in den Fürstenstand erhobene Bernhard v. Bülow.
Der Fürsorge für die arbeitenden Klassen und der Lösung der sozialen
, a - Frage blieb des Kaisers Streben gewidmet,
v — Th. Fontane: „Wo Bismarck liegen soll". —
Er ^ä]i freundschaftliche Beziehungen zu den auswärtigen Machten und sorgt
4 u J für W starke Kriegsmacht. Um friedliche und freundschaftliche Beziehungen
^. «M4<W€C 2 zu den auswärtigen Mächten, namentlich zu Rußland, wie es ihm sein
Großvater noch zuletzt angeraten hatte, zu pflegen, besuchteer ihre Herr-
€ scher, zunächst den Zaren. Überall wurde er mit glänzenden Ehren
empfangen und erwarb sich die größte Sympathien. — In den Erhaltung
des Bündnisses mit Österreich-Ungarn und Italien sah er die beste
Gewähr des Friedens und sorgte deshalb für seine Erneuerung. — Um
aber nicht auf Bundesgenossen angewiesen zu sein und eventuell einen Krieg
gegen den östlichen und westlichen Nachbarn zugleich führen zu können,
ließ er es sich noch mehr angelegen sein, die eigene Kriegsmacht zu
stärken. Zu dem Zwecke setzte er es durch, daß die Friedensstärke des
Landheeres entsprechend der Zunahme der Bevölkerung zweimal erhöht wurde
und sich um drei Armeekorps vermehrte. Dafür wurde die Dienstzeit der Fuß.
truppen vorläufig auf zwei Jahre herabgesetzt. Um genug Offiziere heran-
ziehen zu können, erweiterte er die Kreise, welche gemäß ihrer Bildung für
die Ergänzung des Offizierkorps in Betracht kommen. — Nicht der „Adel
der Geburt", fondern der „Adel der Gesinnung" soll dabei entscheidend sein.
Fast noch mehr sorgte er für die Verstärkung der Kriegsflotte, die
in ihrer Entwickeluug mit der Landmacht nicht gleichen Schritt gehalten
hatte. Mit weitem Blicke erkannte er, daß „Meere nicht mehr trennen,
sondern verbinden", daß Deutschland, wenn es eine Großmacht sein, einen
„Platz an der Sonne" haben und nicht von anderen Mächten in den
Hintergrund gedrängt werden will, eine starke Kriegsflotte besitzen muß,
die seine Kolonien und seinen Handel schützen kann. In diesem Sinne
sprach er auch bie Worte: „Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser"
und „bitter not tut uns eine starke Flotte". Um diese seine Erkenntnis zur
Anerkennung zu bringen, benutzte er jede Gelegenheit der Aussprache; ja
er suchte sie durch persönliche Vorträge und Zeichnungen den Fachleuten
und Volksvertretern klar zu machen. — Seinen unausgesetzten Bemühungen ist
es auch gelungen, daß durch ein Flottengesetz von 1898 und eine Novelle
dazu von 1900 eine so erhebliche Verstärkung der Kriegsflotte beschlossen
ist, daß Deutschland auch als Seemacht die ihm gebührende Stellung in