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Alte Geschichte.
zum Könige gewählt. Er aber war ungehorsam und ist dafür gezüchtigt worden. Habe
ich Strafe verdient, hier stehe ich, strafe mich!" Dem Könige gefiel das Auftreten des
Knaben. Als er ihn aber näher betrachtete, fand er ihn seiner Tochter sehr ähnlich.
Der Hirt gestand alles. Der König bestrafte Harpagus sehr hart, indem er seinen
Sohn töten ließ. Cyrus aber schonte er und gab ihn seinen Pflegeeltern wieder, weil
die Traumdcuter ihm gesagt hatten, sein Traum sei schon dadurch in Erfüllung gegangen,
daß Cyrus im Spiel König geworden wäre.
b) Cyrus Wird König. Als Cyrus ein stattlicher Jüngling geworden war,
sandte ihm Harpagus heimlich einen Brief und stachelte ihn zum Aufstande gegen
Astyages auf. Cyrus gewann die Perser durch Schlauheit sdie beiden ungleichen
Lagers für den Kampf und brach mit einem großen Heere gegen seinen Gro߬
vater mif. Harpagus, der zum Führer der Meder eingesetzt war, ging mit seinem
ganzen Heere zu Cyrus liber. Astyages sammelte ein zweites Heer, wurde
aber geschlagen und gefangen genommen. Cyrus wurde König liber das ganze
Reich. Er behielt aber seinen Großvater bis an sein Ende bei sich und behandelte
ihn mit großer Achtung.
c) Seine Siege und sein Cude. Cyrus suchte sein Reich zu vergrößern und
drang mit einem gewaltigen Heere gegen Lydien in Kleinasien vor. Er besiegte
den reichen König Krösus und befahl, ihn zu verbrennen. Als Krösus auf dem
Scheiterhaufen stand, rief er: „O Solon, Solon, Solon!" Cyrus ließ den schon
brennenden Scheiterhaufen lösche:: und fragte nach der Bedeutung dieser Worte.
Krösus erzählte darauf: „Als ich noch reich und mächtig war, besuchte mich ein
weiser Grieche, mit Namen Solon. Ich zeigte ihm alle meine Schätze und wollte
ihn dazu bewegen, daß er mich als bcn glücklichsten Menschen preisen sollte. Er
aber sprach: Niemand ist vor seinem Tode glücklich!" Cyrus wurde davon tief
gerührt, schenkte Krösus das Lebe:: und behielt ihn fortan als Freund und Rat¬
geber bei sich. Bald darauf gelang es ihm, das babylonische Reich zu erobern
und dainit auch Phönizien und Palästina zu gewinnen. Die feste Stadt Babylon
belagerte er zwei Jahre und konnte sie nur dadurch einnehmen, daß er den
Euphrat in ein andres Bett leitete und durch das leere Flußbett bei Nacht in
die Stadt eindrang, während man dort ein großes Fest feierte. Das Volk Is¬
rael durfte nun nach 70jähriger Gefangenschaft in seine Heimat zurückkehren. —
Auch nach Norden drang Cyrus vor und suchte die Steppenvölker zu beiden
Seiten des Kaspischen Meeres zu unterwerfen. Dabei fand er seinen Tod. Er
war der mächtigste König im Morgenlande.
2. Weitere Perserkönige. Kambyses, der Sohn und Nachfolger des Cyrus,
eroberte Ägypten und herrschte mit großer Grausamkeit. Darius bezwang das
abgefallene Babylon und begann den Kampf gegen die Griechen. Sein Sohn
Xerxes setzte diesen Kampf fort, wurde aber wegen seiner Strenge von dein
Befehlshaber seiner Leibwache ermordet. Unter seinen Nachfolgerm empörten
sich wiederholt die unterworfenen Völker, und blutige Streitigkeiten in der
Königsfamilie führten den Verfall des Reiches herbei. Im Jahre 330 v. Chr.
wurde das Perserreich durch Alexander den Großen erobert.