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Geographie.
II
i. Das nördliche Vorland der Alpen.
Eigenart der Landschaft. Das Hochgebirge besitzt gewaltige Naturkräfte. Donnernd
fahren die Lawinen zn Tal, und langsam schieben sich die Gletscher zur Tiefe hinab. Diese
tragen gewaltige Felsblöcke mit sich fort, und auf ihrem Grunde zerreiben sie das Gestein.
Die wilden Gletscherbäche reißen allen lockeren Felsschutt mit sich fort, durchwühlen die
Täler und überschütten das Land mit Geröll. In einem früheren Zeitabschnitte, der Eis¬
zeit, reichten die Gletscher viel tiefer als heute. Ein weites Vorland der Alpen empfing
von den Gletschern die obere Bodendecke.
1. Das Schweizer Hügel- und Flachland.
Die Alpen; der St. Gotthard. Im Alpenvorlande westlich vom Bodensee
schaut man zu den fchneegeschmückten Alpenketten empor. Diese strahlen vom
St. Gotthard, der ein eingesenktes Plateau von 2000 m Höhe bildet, nach
S., SW., N. und NO. aus. Vor Erbauung der Gotthardbahn (Gotthard-
Tunnel 15 Km) war der St. Gotthard-Paß eine wichtige Übergangsstelle.
Alpenflüsse. Auf dem St. Gotthard oder in seiner Nähe entspringen
vier Alpenflüsse, deren tiefe Täler die Alpenketten voneinander scheiden.
Nach SW. fließt der Rhone, der den großen Genfer See (580 qkm)
durchströmt. (Welche Richtung hat der Rhone zuerst? Wo ändert er sie?
Welche Gestalt hat der Genfer See? Wo tritt der Rhone wieder aus ihm
heraus?) Nach NO., in umgekehrter Richtung als der Rhone, fließt der
Rhein. Der Vorderrhein, der auf dem St. Gotthard einem kleinen See
entströmt, nimmt noch den Mittel- und Hinterrhein auf. Der vereinigte
Fluß strömt dann nach N. dem Bodensee (540 qkm) zn. Noch zwei andre
Flüsse entstehen am St. Gotthard oder in dessen Nähe, die Aare, die nach
NW., und die Reuß, die nach N. durch den Vierwaldstätter See fließt.
Alpenketten. Zwischen Rhone und Aare erhebt sich die mächtige Finster-
aarhorn-Gruppe, zwischen Aare und Reuß die Titlis- und zwischen Reuß
und Rhein die Tödi-Gruppe. Alle drei Gruppen sind benannt nach ihrem
höchsten Berge. (Finsteraarhorn 4275 m.) Besonders die Finsteraarhorn-
Gruppe (auch Berner Alpen genannt) ist stark vergletschert.
Voralpen. Von den genannten Alpenketten steigt man nicht unmittelbar
in das Hügel- und Flachland der Schweiz hinab. Zahlreiche niedrige Berg¬
gruppen sind ihnen noch vorgelagert. Diese werden Voralpen genannt.
Sie sind nicht mit ewigem Schnee und Eis bedeckt, sondern mit ausge¬
dehnten Grasmatten bekleidet. Diese dienen zur Viehzucht, die in der
Form der Alpenwirtschaft betrieben wird. Die Milch wird meist zur Be¬
reitung von Käse, Butter und Dauermilch benutzt.
Von den Voralpen genießt man herrliche Fernsichten auf die schnee¬
bedeckten, gipfelreichen Hauptalpen. Besonders der am Vierwaldstätter See
sich erhebende Rigi (1800 m) ist ein berühmter und vielbesuchter Aussichtspunkt.
Jni Schmucke der grünen Wiesenmatten, an die sich nach unten Wald anschließt,
bieten die Voralpen auch selbst einen schönen Anblick dar. Überall klingt das
Schellengeläut der grasenden Rinder an unser Ohr. Die Rinderherden werden zu
Johanni, sobald die untern Matten frei von Schnee sind, hinauf zur Weide ge-