Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

15 
Freiheit. Daher erklärt es sich auch, daß die große Masse der Bürger aus ehemaligen 
Leibeigenen und Sklaven bestand. Der erste Schritt aus der Knechtschaft zur bürger¬ 
lichen Freiheit war hierdurch geschehen. 
6. Heer. Sodann benutzte Heinrich die Zeit des Waffenstillstandes zur Aus¬ 
bildung seines Heeres. Zunächst wurde der Heerbann erneuert; aber das genügte 
nicht. Um den Ungarn erfolgreich entgegen treten zu können, mußte Heinrich eine 
tüchtige Reiterei haben. Darum verordnete er, daß jeder älteste Sohn eines Hof¬ 
besitzers von Zeit zu Zeit zu Pferde erscheinen mußte; dann wurden Kampfesübungen 
in Reih und Glied angestellt. Gewöhnlich bildete Heinrich zwei Parteien, die gegen 
einander fochten. Jede derselben hatte ein gemeinschaftliches Abzeichen und,eine ge¬ 
meinsame Kasse, aus welcher die Gefangenen wieder eingelöst wurden. Diese Übungen 
find die Anfänge der Turniere oder Ritterspiele geworden. 
7. Gründung der Nordmark. Zwischen der Elbe und Oder wohnten die Wenden. 
Diese sielen häufig raubend und plündernd in das benachbarte Sachsenland ein. 
Nachdem sich Heinrich nun ein kriegstüchtiges Heer ausgebildet hatte, zog er (927) 
über die Elbe, die übermütigen Wenden zum Gehorsam zu zwingen. Eiligst zogen 
sich diese in ihre Hauptstadt Brennabor zurück, wohin ihnen die Sachsen wegen der 
vielen Sümpfe nicht folgen konnten. Schon triumphierten die Wenden. Plötzlich 
trat jedoch Frost ein, und Heinrichs Scharen drangen auf dem Eise bis unter die 
Mauern der Stadt vor. Nach kurzer Belagerung mußten sich die Wenden ergeben. 
Sie verpflichteten sich, einen Tribut zu zahlen, und gelobten, sich taufen zulassen und 
Christen zu werden. Zu ihrer Bewachung gründete Heinrich zwischen der Elbe, Havel 
und Spree die Nordmark und setzte einen Markgrafen über dieselbe. Diese Nord¬ 
mark ist der Anfang des preußischen Staates geworden. 
8. Sieg über die Ungarn. 933. Die 9 Jahre des Waffenstillstandes waren zu 
Ende. Als nun wiederum die Gesandten der Ungarn erschienen, den Tribut ein¬ 
zufordern, verweigerte ihnen Heinrich denselben. Racheschnaubend zogen die Ge¬ 
sandten heim. Bald verkündeten brennende Dörfer den Einbruch der Ungarhorden. 
Heinrich rief alle streitbaren Männer zusammen und stellte sich den Ungarn bei Riade 
an der Ünstrut entgegen. Den Kriegern voran schwebte die Fahne mit dem Bilde 
des Erzengels Michael. Als die Ungarn aber die dicht geschlossenen Reihen der 
deutschen Reiter erblickten, jagten sie eiligst davon, so daß nur wenige von ihnen ge¬ 
tötet oder gefangen genommen werden konnten. In dem Lager der Ungarn fand man 
außer den geraubten Schätzen eine große Anzahl gefangener Deutsche, die nun plötz¬ 
lich frei wurden. — Das ganze Volk begrüßte Heinrich als den Retter des Vater¬ 
landes und dankte Gott für den herrlichen Sieg. — So hat Heinrich mit seinem 
neugeschaffenen Heere die Feinde des Reichs vertrieben, die Grenzen des Landes er¬ 
weitert und befestigt und seine königliche Macht nach innen wie nach außen zur 
Geltung gebracht. Nicht mit Unrecht nennt man ihn daher den „Begründer des 
deutschen Kaiserreichs". 
11. (Diso der Grofte. 936-973. 
1. Krönung. Nach dem Tode Heinrichs versammelten sich die Fürsten und 
wählten seinen Sohn Otto einstimmig zum Könige. Bald daraus begab sich derselbe 
nach Aachen, um sich in der alten Kaiserburg Karls d. Gr. krönen zu lassen. Hier 
Ützte er sich auf den marmornen Thron Karls d. Gr. und empfing von den Fürsten 
den Huldigungseid. Alsdann begab er sich in den Dom; daselbst überreichte ihm der 
Erzbischof von Mainz das Königsschwert, den Mantel mit goldenen Spangen und 
das Zepter, salbte ihn mit Ol und setzte ihm die Krone aufs Haupt. Bei dem Fest¬ 
mahle bedienten ihn Herzöge. Der Herzog Eberhard von Franken war der Truchseß 
und stellte die Speisen auf den Tisch; der Herzog von Schwaben diente als Mund-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.