Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

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8 Vs Uhr morgens nahm das Antlitz des Sterbenden einen überaus friedlichen Aus¬ 
druck an, und leise schlummerte die Seele in ein besseres Jenseits hinüber. — Acht 
Tage später wurde er, wie er gewünscht hatte, im Mausoleum zu Charlottenburg 
neben seiner von ihm so sehr geliebten Mutter beigesetzt. 
7. Kaiserin Augusta. Die Gemahlin Wilhelms I. hieß Augusta. Sie war ihm 
eine treue Lebensgefährtin. Wie eine echte Laudesmutter war sie stets darauf bedacht, 
Not und Elend zu mildern. In den schweren Kriegszeiten war ihre Fürsorge beson- 
ders den Verwundeten und Kranken gewidmet. „Sie möchte am liebsten", sagte ein- 
mal der König von ihr, „jeden verwundeten Soldaten in ein Himmelbett gelegt 
haben." Das von ihr in Berlin gegründete Augustahospital wurde gerade 1870 fertig. 
Einmal begegnete ihr eine weinende Frau. Ihr einziger Sohn war soeben im Laza¬ 
rette gestorben. Die Königin rief die Frau zu sich, schloß sie in die Arme und suchte sie 
über den schweren Verlust zu trösten. Die Frau sagte später: „Ich will es allen Müttern 
sagen, wie die Königin mit ihnen fühlt." 
Zur Pflege für die Verwundeten gründete sie den „Vaterländischen Frauen¬ 
verein". 
40. Kaiser Friedrich III. (9. März bis 15. Juni 1888.) 
1. Äugend, Person, Vermählung. Friedrich, Kaiser Wilhelms einziger Sohn, 
wurde 1831 geboren. Frühzeitig begannen für den kleinen Prinzen die militärischen 
Übungen, denen er sich mit Lust und Eifer hingab. Da es im preußischen Königs¬ 
hause üblich ist, daß jeder Prinz ein Handwerk erlernt, wählte er sich die Tischlerei 
und die Buchbinderei. Noch heute zeigt man in dem früheren Schlafzimmer seines 
Vaters im Schlosse Babelsberg einen Holzschemel, den der Prinz eigenhändig ange¬ 
fertigt hat. In seinem 18. Jahre bezog er die Universität Bonn; später widmete er 
sich dem Militärdienste. — Sein Äußeres verriet sofort den Hohenzollern. Er war 
von hoher, kräftiger Gestalt; ein mächtiger Vollbart umrahmte sein edles, frisches 
Gesicht, und sein Blick war freundlich und wohlwollend. Im Jahre 1858 vermählte 
sich der Prinz mit der Prinzessin Viktoria von England. 
2. Im Felde. In den Kriegen gegen Östreich und Frankreich errang der damalige 
Kronprinz als Führer einer Armee Sieg auf Sieg und erwarb sich den Titel „Feld¬ 
marschall". Die Soldaten hingen mit Liebe und Verehrung an ihm. Hatte er doch 
für jeden ein freundliches Wort, wenn er mit der Soldatenmütze und der kurzen 
Pfeife im Munde durch die Reihen seiner Krieger dahinschritt. Und wie glänzten die 
Augen der Verwundeten vor Freude, wenn der Kronprinz ihnen freudlich die Hand 
reichte, sich nach ihren Wunden erkundigte und ihnen tröstende Worte sagte! Sie 
waren stolz auf ihren „Fritz", und er hielt es für eine Ehre, so brave Truppen zu 
kommandieren. 
3. Herzensgüte. Friedrich war ein Fürst von großer Herzensgüte und Freund¬ 
lichkeit. Wo er Not und Elend sah, suchte er sofort zu lindern und zu helfen. 
Eines Tages ging der Kronprinz durch Potsdam. Da wurde ihm ein Krankenkorb 
entgegengetragen. Er fragte nach dem Kranken und erfuhr, daß ein Anstreicher darin liege, 
der vom Gerüst gestürzt sei. Von Mitleid bewegt, ging er sogleich mit zum Krankenhause. 
Hier sprach er dem Verunglückten Mut und Trost zu und gab ihm das Versprechen, für 
seine Familie bis zu seiner Wiederherstellung sorgen zu wollen. Schon am andern Morgen 
erschien er wieder im Krankenhause und erkundigte sich nach dem Befinden des Kranken. 
Die Familie desselben versorgte er bis zur Genesung des Vaters aufs reichlichste. 
4. Erkrankung. Von jeher war Friedrich der Liebling des deutschen Volkes. 
Doch auf Erden ist kein Glück vollkommen. Schon zu Anfang des Jahres 1887
	        
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