Naturlehre. IV
3. Ausdehnung der Körper durch die Wärme. ) Der glühende Bolzen
füllt den Hohlraum des Bügeleisens vollständig aus, während der kalte nur lose
darin liegt. An einem warmen Sommertage hängen die Telegraphendrähte schlaff
herunter; bei strenger Kälte aber scheinen sie straff angezogen zu sein. — Wir erhitzen
eine Metallkugel, die sich knapp durch einen Ring schieben ließ, und finden, daß sie
nicht mehr durch den King fällt. Sie ist also größer geworden: sie hat sich aus—
gedehnt. Kühlen wir die RKugel darauf in kaltem Wäasser ab, so fällt sie wieder
durch den King: sie hat sich zusammengezogen.
b) Ein bis zum Kande mit Wasser gefülltes Gefäß „läuft über“, wenn wir
es erhitzen. — Wir füllen eine Rochflasche mit Weingeist (Alkohol) und verschließen
sie fest mit einem Rorke, durch den eine Glasröhre bis in den Spiritus hinabreicht.
Dann erwärmen wir die Flasche vorsichtig über einer Flamme. Der Weingeist steigt
in der Flasche und daher auch in der RKöhre schnell empor; er dehnt sich also stark
aus. Entfernen wir die Flamme, so sinkt der Weingeist in der RKöhre wieder
zurück. Kühlen wir die Flasche in Schnee oder Eiswasser ab, dann zieht er sich so
stark zusammen, daß er einen kleineren Teil der Flasche ausfüllt als beim Be—
ginne des Versuches.
c) Legen wir eine fest zugebundene Tierblase, die kalte Luft enthält, auf
einen warmen Ofen, so bläht sie sich auf. Kühlen wir sie darauf in kaltem
Wasser ab, dann schrumpft sie wieder zusammen. Dasselbe beobachten wir, wenn wir
zu diesem Versuche die kleinen Kinderluftballons benutzen, die mit einer andern Luftart
(Wasserstoff oder Leuchtgas) gefüllt sind. — Wir halten die öffnung einer Koch—
flasche so unter Wasser, daß die Luft in der FSlasche von der äußeren Luft abgeschlossen
ist. Wenn wir die Flasche erwärmen, entweichen daraus Luftblasen. Offenbar hat
sich die Luft infolge des Erwärmens ausgedehnt. Kühlen wir nun die Flasche ab,
so sehen wir, daß reichlich Wasser in sie eindringt. Die noch in der Flasche vor—
handene Luft muß sich also zusammengezogen haben.
Aus allen diesen Beobachtungen und Versuchen erkennen wir, daß sich die
Körper bei der Erwärmung ausdehnen und bei der Abkühlung zusammen—
ziehen. — Warum legt der Schmied den Reifen heiß um das Rad? Man lockert
einen festsitzenden Glasstöpsel, indem man den hals der Flasche erwärmt; erkläre den
Vorgang! Warum zerspringt ein Glas, wenn man schnell heißes Wasser hinein—
gießt? Warum knistern holz und Kohle beim Brennen?
4. Das Thermometer. Durch Versuche hat man gefunden, daß das Queck—
silber sich sehr gleichmäßig ausdehnt. Mit seiner hilfe kann man daher die Temperatur
der Luft, des Wassers oder andrer Körper genau bestimmen. Zu diesem 3wecke
werden „Wärmemesser“ oder „Thermometer“ hergestellt. Man nimmt eine enge,
überall gleich weite Glasröhre, die unten in ein kugelförmiges oder zylindrisches
Gefäß endet. Dieses und den unteren Teil der Röhre füllt man mit Quecksilber
und treibt es durch Erwärmen so hoch, daß es die Röhre ganz ausfüllt. In
diesem Augenblicke schmilzt man die Röhre rasch zu. Sinkt das sich abkühlende
Quecksilber, dann befindet sich über ihm ein luftleerer Raum. Die Köhre befestigt
man auf einem Brettchen. Dann steckt man das Ganze in ein Gefäß mit schmelzen—
dem Eis. Infolge der Abkühlung zieht sich das Quecksilber zusammen. Es sinkt
(„fällt) in der Röhre; jedoch nur bis zu einem bestimmten Punkte. Diesen Eis—
oder Schmelzpunkt bezeichnet man auf dem Brettchen mit 0. Nun bringt
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