Full text: Poesie und Prosa (Band 6 = Klasse 2 und 1, [Schülerband])

Die klassische Zeit. 
33 
25. Das Eleusische Fest. 
Windet zum Kranze die goldenen 
Ähren, 
flechtet auch blaue Cyanen hinein! 
Freude soll jedes Auge verklären, 
denn die Königin ziehet ein, 
die Bezähmerin wilder Sitten, 
die den Menschen zum Menschen 
gesellt 
und in friedliche, feste Äütten 
wandelte das bewegliche Zelt. 
7- 
„Find' ich so den Menschen wieder, 
dem wir unser Bild gelieh'n, 
dessen schön gestalt'te Glieder 
droben im Olympus blüh'n? 
Gaben wir ihm zum Besitze 
nicht der Erde Götterschoß? 
And auf seinem Königssitze 
schweift er elend, heimatlos? 
Fühlt kein Gott 
mit ihm 
barmen? 
Er- 
v^cheu in des Gebirges Klüften Keiner aus der Sel'gen Chor 
barg der Troglodyte ^ ^hAet ihn mit Wunderarmen 
der Nomade ließ die Triften 
wüste liegen, wo er strich. 
Mit dem Wurfspieß, mit dem 
Bogen 
schritt der Jäger durch das Land; 
weh' dem Fremdling, den die 
Wogen 
warfen an den Anglücksstrand! 
And auf ihrem Pfad begrüßte, 
irrend nach des Kindes Spur, 
Ceres die verlassne Küste. 
Ach, da grünte keine Flur! 
Daß sie hier vertraulich weile, 
ist kein Obdach ihr gewährt; 
keines Tempels heit're Säule 
zeuget, daß man Götter ehrt. 
Keine Frucht der süßen Ähren 
läd't zum reinen Mahl sie ein; 
nur aus gräßlichen Altären 
dorret menschliches Gebein. 
Za, soweit sie wandernd kreiste, 
fand sie Elend überall; 
und in ihrem großen Geiste 
jammert sie des Menschen Fall. 
Lesebuch für höhere Mädchenschulen. VI*. 
aus der tiefen Schmach empor? 
Zn des Äimmels sel'gen Äöhen 
rühret sie nicht fremder Schmerz; 
doch der Menschheit Angst und 
Wehen 
fühlet mein gequältes Äerz. 
Daß der Mensch zum Menschen 
werde, 
stift' er einen ew'gen Bund 
gläubig mit der frommen Erde, 
seinem mütterlichen Grund, 
ehre das Gesetz der Zeiten 
und der Monde heil'gen Gang, 
welche still gemessen schreiten 
im melodischen Gesang!" 
And den Nebel teilt sie leise, 
der den Blicken sie verhüllt; 
plötzlich in der Wilden Kreise 
steht sie da, ein Götterbild. 
Schwelgend bei dem Siegesmahle 
findet sie die rohe Schar, 
und die blutgefüllte Schale 
bringt man ihr zum Opfer dar. 
3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.