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auf Paris zu; am 19. September war die Rieseustadt von allen Seilen ein¬
geschlossen, und nun begann die Belagerung. Das deutsche Hauptquartier
wurde nach Versailles verlegt.
k) Der Festungskrieg. Einnahme von Straßburg und Metz. Es folgte
nun zunächst ein Festungskrieg, da die Republik keine Armeen zu offener
Feldschlacht hatte. Den Hauptwiderstand leisteten die Festungen Straßburg,
Metz, Belsort und Paris. Gleich nach der Schlacht bei Wörth hatte der
General von Werder mit Preußen und Badensern die Belagerung von Stra߬
burg begonnen. Die Franzosen verteidigten sich sehr tapfer; als aber Werder
einen allgemeinen Sturm vorbereitete, kapitulierte Straßburg am 27. Sep¬
tember. Nun rückte Werder mit seinem Korps bis nach Dijon vor und
schloß Belsort ein Viel mehr Opfer kostete die Belagerung von Metz, das
wegen seiner starken Außenforts uneinnehmbar war und nur durch Hunger
bezwungen werden konnte. Wiederholt machte Bazaine den Versuch, den
eisernen Gürtel des deutschen Heeres zu sprengen; allein stets wurden die
herausbrechenden Franzosen zurückgeworfen. Da verzweifelte Bazaine an
der Rettung und ergab sich dem Prinzen Friedrich Karl am 27. Oktober.
173 000 Mann mit 6000 Offizieren und drei Marschällen wurden nach
Deutschland abgeführt. Das war ein Erfolg, wie ihn die Welt noch nicht
gesehen hatte. Dem Falle von Metz und Straßburg folgte nach und nach
die Einnahme von vielen kleineren Festungen; im ganzen fielen 26 in deutsche
Hände.
l) Der Volkskrieg zur Entsetzung von Paris. Gambetta ruft alle
Franzosen zum Volkskriege auf. Die Pariser Regierung hatte noch
vor der Einschließung eine Abteilung ihrer Mitglieder nach Tours gesandt.
Gambetta entkam im Oktober im Luftballon aus dem umzwingelten Paris
nach Tours und stellte sich an die Spitze der Regierung. Er entwickelte eine
gewaltige Tätigkeit. Nicht nur, daß er ganz Frankreich zu den Waffen rief,
sondern er ließ auch Kanonen, Gewehre, Uniformen und Heeresgerät in
Masse herstellen; Pferde, Lebensmittel und Kohlen bezog er aus England
und Amerika. So gelang es ihm, binnen vier Monaten 600 000 Streiter
mit 2400 Kanonen aufzustellen. Überall bildeten sich aus Bürgern und
Bauern ungeordnete. Freischaren (Franktireurs), die einzelne Trupps Deutscher
meuchlerisch überfielen und Bahn-, Telegraphen- und Postverbindung der
Deutschen nach Möglichkeit zerstörten. Einen Verbündeten erhielt die Republik
an dem italienischen Freiheitskämpfer Garibaldi, der ihr mit Tausenden von
Ausländern zu Hilfe kam, aber nichts ausrichtete. Zum Entsätze von Paris
stellte Gambetta zunächst zwei große Armeen aus, die Loire- und die Nord¬
armee, die der deutschen Belagerungsarmee in den Rücken fallen sollten.
Gleichzeitig sollten die Pariser Ausfälle machen.
Friedrich Karl zersprengt die Loirearmee. Die größte Gefahr
drohte den Deutschen vor Paris von der Loirearmee. Gegen sie sandte das
Hauptquartier den bayrischen General von der Tann, der ihren Vortrab be¬
siegte und Orleans einnahm. Als aber die ganze Loirearmee heranzog,
wurden die Bayern besiegt; sie mußten Orleans räumen und sich zurückziehen.
Realienbuch II. «