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wenn sich die Völker selbst befrein, 
da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn. 
Weh, wenn sich in dem Schoß 
der Städte 
der Feuerzunder still gehäuft, 
das Volk, zerreißend seine Kette, 
zur Eigenhilfe schrecklich greift! 
Da zerret an der Glocke Strängen 
der Aufruhr, daß sie heulend schallt 
und, nur geweiht zu Friedensklängen, 
die Losung anstimmt zur Gewalt. 
Freiheit und Gleichheit! hört 
man schallen; 
der ruh'ge Bürger greift zur Wehr, 
die Straßen füllen sich, die Hallen, 
und Würgerbanden ziehn umher. 
Da werden Weiber zu Hyänen 
und treiben mit Entsetzen Scherz; 
noch zuckend, mit des Panthers 
Zähnen, 
zerreißen sie des Feindes Herz. , 
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen 
sich alle Bande frommer Scheu; 
der Gute räumt den Platz dem Bösen, 
und alle Laster walten frei. 
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken, 
verderblich ist des Tigers Zahn; 
jedoch der schrecklichste der Schrecken, 
das ist der Mensch in seinem Wahn. 
Weh denen, die dem Ewigblinden 
des Lichtes Himmelsfackel leihn! 
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur 
zünden 
und äschert Städt' und Länder ein. 
9. Freude hat mir Gott gegeben! 
Sehet! wie ein goldner Stern, 
aus der Hülse, blank und eben, 
schält sich der metallne Kern. 
Von dem Helm zum Kranz 
spielt's wie Sonnenglanz. 
Werke in 36 Bdn-, 1877, Bd. I. 
Auch des Wappens nette Schilder 
loben den erfahrnen Bilder. 
Herein! herein! 
Gesellen alle, schließt den Reihen, 
daß wir die Glocke taufend weihen! 
Konkordia soll ihr Name sein. 
Zur Eintracht, zu herzinnigem 
Vereine 
versammle sie die liebende Gemeine 
Und dies sei fortan ihr Beruf, 
wozu der Meister sie erschuf: 
Hoch überm niedern Erdenleben 
soll sie im blauen Himmelszelt, 
die Nachbarin des Donners, schweben 
und grenzen an die Sternenwelt, 
soll eine Stimme sein von oben, 
wie der Gestirne helle Schar, 
die ihren Schöpfer wandelnd loben 
und führen das bekränzte Jahr. 
Nur ewigen und ernsten Dingen 
sei ihr metallner Mund geweiht, 
und stündlich mit den schnellen 
Schwingen 
berühr im Fluge sie die Zeit. 
Dem Schicksal leihe sie die Zunge; 
selbst herzlos, ohne Mitgefühl, 
begleite sie mit ihrem Schwünge 
des Lebens wechselvolles Spiel. 
Und wie der Klang im Ohr vergehet, 
der mächtig tönend ihr entschallt, 
so lehre sie, daß nichts bestehet, 
daß alles Irdische verhallt. 
10. Jetzo mit der Kraft des Stranges 
wiegt die Glock mir aus der Gruft, 
daß sie in das Reich des Klanges 
steige, in die Himmelsluft! 
Ziehet, ziehet, hebt! 
Sie bewegt sich, schwebt! 
Freude dieser Stadt bedeute, 
Friede sei ihr erst Geläute! 
Schikler.
	        
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