fullscreen: Quellenbuch zur Geschichte des deutschen Mittelalters

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Rheinlande, ganz Mittel- und Süddeutschland sich erstreckend 
am meisten aus. Es konnte jedoch dieses grosse Reich schon 
wegen der vielen verschiedenen Nationalitäten, welche es um¬ 
fasste, keinen langen Bestand haben. Denn auf der einen Seite 
war der politische und kirchliche Gegensatz zwischen den Ger¬ 
manen und Romanen ein allzu schroffer, andrerseits waren die 
Sitten, Gebräuche und Volkstypen der Bretagner, Aquitanier 
und der Baiern und Schwaben allzu verschieden. Ein Ueber- 
gangszustand war unumgänglich nothwendig, die Romanen 
mussten mit frischem germanischem Blute und die Germanen 
mit römischer Bildung sich befruchten. Die Monarchie der 
Merovinger gerieth aber dabei in einen immer grösseren und 
tieferen Verfall, welcher hauptsächlich durch das Gegengewicht 
der starken weltlichen und geistlichen Aristokratie gegen die 
Krone beschleunigt wurde. Dazu gesellte sich noch die dop¬ 
pelte Feindseligkeit der heidnischen norddeutschen Stämme, 
der Sachsen, Friesen und Normannen, welche mit Einfällen 
drohten, und die von Süden her drohende Gefahr der eindrin¬ 
genden Araber. Wäre das Frankenreich diesem doppelten An¬ 
pralle erlegen, dann hätten sich Heidenthum und Islam in die 
Civilisation und Zukunft Europa’s getheilt. In diesen drohen¬ 
den Gefahren erstand aber in den rheinisch - belgischen Län¬ 
dern das Heldengeschlecht der Karolinger. Nach der neuen 
Einigung der Franken durch die Pippiniden vernichtete Karl 
Martell die Araber bei Tours und Poitiers und rettete somit 
die europäische Cultur und Civilisation. Darauf überwältigte 
er die Friesen und warf die Sachsen in eine ungefährliche 
Defensive zurück. Auch Süddeutschland gelangte wieder unter 
die fränkische Hoheit. Pippin der Kurze (752—768) setzte 
sich die erneuerte Krone auf das eigene siegreiche Haupt und 
stellte die Monarchie auf die glänzendste Weise wieder her. 
Er benutzte die günstigen Zeitumstände, als sein gefährlicher 
Gegner, das arabische Chalifat, immer mehr verfiel und nahm 
sich der christlichen Mission mit grossem Erfolg an. Dabei 
ging er auch in richtiger Erkenntniss der beiderseitigen In¬ 
teressen eine Allianz mit dem Papste ein, wodurch sein Nach¬ 
folger, Karl der Grosse (768 — 814) die überlieferte Aufgabe 
des fränkischen Reiches zur Vollendung führte. In der Er¬ 
innerung an den alten Glanz des römischen Kaiserreichs griff 
er zurück auf den Imperatorentitel und stellte der religiösen 
Einheit der Welt eine entsprechende politische entgegen. Dar¬ 
aus ging hervor, dass dem kaiserlichen Schutzherrn der Kirche 
auch der gesammte Erdkreis unterworfen sein musste.
	        
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