— 5 —
Rheinlande, ganz Mittel- und Süddeutschland sich erstreckend
am meisten aus. Es konnte jedoch dieses grosse Reich schon
wegen der vielen verschiedenen Nationalitäten, welche es um¬
fasste, keinen langen Bestand haben. Denn auf der einen Seite
war der politische und kirchliche Gegensatz zwischen den Ger¬
manen und Romanen ein allzu schroffer, andrerseits waren die
Sitten, Gebräuche und Volkstypen der Bretagner, Aquitanier
und der Baiern und Schwaben allzu verschieden. Ein Ueber-
gangszustand war unumgänglich nothwendig, die Romanen
mussten mit frischem germanischem Blute und die Germanen
mit römischer Bildung sich befruchten. Die Monarchie der
Merovinger gerieth aber dabei in einen immer grösseren und
tieferen Verfall, welcher hauptsächlich durch das Gegengewicht
der starken weltlichen und geistlichen Aristokratie gegen die
Krone beschleunigt wurde. Dazu gesellte sich noch die dop¬
pelte Feindseligkeit der heidnischen norddeutschen Stämme,
der Sachsen, Friesen und Normannen, welche mit Einfällen
drohten, und die von Süden her drohende Gefahr der eindrin¬
genden Araber. Wäre das Frankenreich diesem doppelten An¬
pralle erlegen, dann hätten sich Heidenthum und Islam in die
Civilisation und Zukunft Europa’s getheilt. In diesen drohen¬
den Gefahren erstand aber in den rheinisch - belgischen Län¬
dern das Heldengeschlecht der Karolinger. Nach der neuen
Einigung der Franken durch die Pippiniden vernichtete Karl
Martell die Araber bei Tours und Poitiers und rettete somit
die europäische Cultur und Civilisation. Darauf überwältigte
er die Friesen und warf die Sachsen in eine ungefährliche
Defensive zurück. Auch Süddeutschland gelangte wieder unter
die fränkische Hoheit. Pippin der Kurze (752—768) setzte
sich die erneuerte Krone auf das eigene siegreiche Haupt und
stellte die Monarchie auf die glänzendste Weise wieder her.
Er benutzte die günstigen Zeitumstände, als sein gefährlicher
Gegner, das arabische Chalifat, immer mehr verfiel und nahm
sich der christlichen Mission mit grossem Erfolg an. Dabei
ging er auch in richtiger Erkenntniss der beiderseitigen In¬
teressen eine Allianz mit dem Papste ein, wodurch sein Nach¬
folger, Karl der Grosse (768 — 814) die überlieferte Aufgabe
des fränkischen Reiches zur Vollendung führte. In der Er¬
innerung an den alten Glanz des römischen Kaiserreichs griff
er zurück auf den Imperatorentitel und stellte der religiösen
Einheit der Welt eine entsprechende politische entgegen. Dar¬
aus ging hervor, dass dem kaiserlichen Schutzherrn der Kirche
auch der gesammte Erdkreis unterworfen sein musste.