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Die kleine Armenschule in Glaucha war bald zu eng ge¬ 
worden; so ging er in Gottes Namen daran, ein größeres 
Haus zu bauen und größere Pläne auszuführen. Das Geld 
zum Baugrund hatte ihm der himmlische Bankier bald aus¬ 
gezahlt, und nun fingen alsbald die Arbeiter an zu graben. 
Der Spott verzog den Mund: „Wenn er das Haus unters Dach 
kriegt, laß ich mich hängen!" Das Haus kam unters Dach, 
aber der Spottvogel hat sich hernach doch nicht hängen lassen. 
Da stand es nun, das mächtige, prächtige Gebäude, an 
dessen Vorderseite die beiden schwarzen Adler unter der gol¬ 
denen Sonne sitzen, darunter der Spruch: „Die auf den Herrn 
harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie 
Adler.“ Und nun ging’s weiter, zu beiden Seiten des Vorder¬ 
gebäudes fügte sich Haus an Haus. Francke hatte sich zuerst 
an einen gelernten Baumeister gewendet um den Riß. Die 
Arbeit gefiel ihm nicht. Da sprach sein Mitarbeiter einer, 
namens Neubauer, ein Kandidat der Theologie: „Das Geld für 
die Zeichnungen können wir sparen.“ Und der Mann entwarf 
selbst einen Riß, so geschickt, als wäre er als Baumeister auf 
die Welt gekommen. 
Es war überhaupt eigen: von dem großen Gottesmanne 
ging es aus wie Sonnenschein, und in dem Sonnenschein 
wuchs es rings um ihn her; sein Geist entzündete in seiner Um¬ 
gebung die Gaben und Kräfte, daß er bald einen Generalstab 
um sich hatte, mit dem er sich konnte sehen lassen. König 
Friedrich Wilhelm I. von Preußen war erst zufolge böser 
Ohrenbläsereien schlecht auf Francke zu sprechen gewesen. 
Als er aber eines Tages nach Halle kam, um sich den Francke 
in der Nähe anzusehen, sprach er mit dem Blick auf dessen 
Gehilfen, die er in ihrer Arbeit beobachtet hatte: „Höre Er 
Francke, solche Kerls habe ich nicht!“ 
Nun muß man aber nicht denken, das Geld zu den un¬ 
aufhörlichen Bauten und Landerwerbungen, sowie zum Unter¬ 
halt der Hunderte von Schülern und Bediensteten wäre sozu¬ 
sagen scheffelweise eingelaufen. Der Herrgott hass ihm viel¬ 
mehr brockenweise gegeben, damit er ja nicht sollte aufhören 
zu beten und zu bitten, wie er selbst einmal gesagt hat: „Der 
liebe Herr hat es mir immer nur zugekörnt und immer gerade 
so viel gegeben, als not war.“ 
Manchmal sah’s schlimm genug aus. Eines Tages kam
	        
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