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bedarf der Bestätigung des Kaisers nicht. Kein Geistlicher darf in Zukunft
heiraten; wer Weib und Kinder hat, muß sie verlassen. Der Kaiser darf
fortan keinen Geistlichen mit Ring und Krummstab belehnen; dieses Recht
(die Investitur) steht allein dem Papste zu. — König Heinrich kümmerte sich
nicht um die Verordnungen des Papstes. Da lud ihn dieser vor sein Gericht
nach Rom. Run ließ Heinrich ihn absetzen. Als Antwort tat der Papst ihn
in den Bann und setzte ihn ab. Zum Unglück für den König traten die
deutschen Fürsten aus die Seite des Papstes. Sie ließen Heinrich sagen,
wenn er sich nicht binnen Jahresfrist vom Bann löste, so würden sie einen
andern König wählen.
4. Heinrichs Buße in Kanossa. Heinrich sah sich von allen ver¬
lassen. Da entschloß er sich, nach Rom zu gehen und sich mit Gregor zu
versöhnen. Seine edle Gemahlin Berta und ein kleines Gefolge begleiteten
ihn. In grimmigster Winterkälte stiegen sie über die Alpen. Die Männer
mußten vielfach auf Händen und Füßen kriechen; die Frauen, in Rindshäute
eingenäht, hinabgelassen werden, wollten sie nicht in den Abgrund stürzen.
Rach unsäglichen Strapazen kam der Zug in der Lombardei an. (1077).
Gregor war gerade auf dem Wege nach Deutschland, als er von Heinrichs
Ankunft hörte. Um nicht dem Könige in die Hände zu fallen, floh der
Papst in das feste Schloß Kanossa, welches seiner Freundm, der Markgräfin
Mathilde, gehörte. Dorthin begab sich nun auch Heinrich. Aber der Papst
wollte ihn nicht annehmen. Der König mußte erst 3 Tage im Vorhof des
Schlosses, barfuß und im Büßerhemde warten, bis Gregor sein Bitten und
Flehen erhörte. Endlich ließ er den König vor sich kommen und löste ihn
vom Bannfluch. Heinrich aber mußte versprechen, er wolle sich ganz stille
halten und vor dem Gericht, welches der Papst über ihn halten werde, er¬
scheinen.
5. Die Entscheidung durch das Schwert. Mit tiefstem Ingrimm
im Herzen schied Heinrich von Kanossa. Die Italiener boten ihm Hülfe an.
Er nahm sie an und versperrte dem Papste alle Wege nach Deutschland.
Inzwischen wählten die deutschen Fürsten den Herzog Rudolf von Schwaben
zum König. Als Heinrich das erfuhr, eilte er nach Deutschland zurück. Die
Städte und einige Fürsten stellten ihm ein Heer. Nun begann ein gräuel¬
voller Krieg durch ganz Deutschland. Endlich siel der Gegenkönig Rudolf int
Kampf. Der Anhang Heinrichs wuchs. Er konnte jetzt ein Heer rüsten und
über die Alpen gegen Rom ziehen. Aber es gelang Gregor, zu fliehen. In
Salerno ist er bald darauf gestorben. Heinrich hatte inzwischen einen neuen
Papst wühlen lassen. Dieser mußte ihn zum Kaiser krönen.
6. Der Kampf des Kaisers mit seinen Söhnen. Heinrich
hatte seinen Sohn Konrad in Italien zurückgelassen, daß er dort Ruhe halte.
Aber bald mußte der Kaiser erleben, daß sein Sohn sich gegen ihn empörte
und sich zum König von Italien krönen ließ. Glücklicherweise geriet er
nach kurzer Zeit in Gefangenschaft und starb im Gefängnisse. Da reizten
die Anhänger des Papstes und andere Feinde des Kaisers dessen Sohn
Heinrich zur Empörung. Zugleich wurde der Kaiser aufs neue in den Baun
getan. Die reichen Städte aber hielten treu zu ihm, und er konnte sich gegen
den Aufrührer wehren. Da lockte dieser ihn endlich mit Arglist auf eine
Burg inr Rheinlande und ließ ihn gefangen setzen. Hier zwang er den