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General Cüstine geführt, der ihn durch einen Dolmetscher scharf ausforschen ließ.
Ohne Scheu erschien der deutsche Knabe vor dem französischen Feldherrn, beant¬
wortete alle Fragen desselben offenherzig nach der Wahrheit, zeigte abermals den
Brief seines Vaters und erzählte, was ihm im preußischen Lager begegnet war.
Gerührt und lächelnd über das große und gute Herz des preußischen Soldaten,
lindes, schenkte ihm der feindliche Heerführer zwei Goldstücke und gab ihm einen
Wegweiser mit, der ihn durchs französische Heer begleiten sollte, bis er in völliger
Sicherheit sei. „Denn," sagte er zu ihm, „du hast in deiner Kindheit bisher
schon auf einem zu guten Wege gewandelt, als daß man nicht dafür sorgen sollte,
daß du nicht wieder irre gehen mögest."
Glücklich und wohlbehalten kam der Knabe endlich in seiner Heimat wieder
an und verwandelte die Thränen der Betrübnis, die seine Mutter bisher über
ihren Sohn geweint hatte, in Thränen der Freude. Er bat sie wegen seiner heim¬
lichen Entweichung um Verzeihung, sagte ihr zur Ursache und Entschuloigung der¬
selben das, was die Leser schon wissen, und überlieferte die Geschenke, die er vom
Hauptmann seines Vaters und vom Heerführer der Feinde empfangen hatte, ge¬
treulich in ihre Hände. (Aus „Lebensfrühling".)
XX. (Vgl. 248. 1.)
Manche Menschen streben darnach, allen zu gefallen. Der Herr ladet alle
ein, zu ihm zu kommen. Kinder besuchen die Schule, um etwas zu lernen. —
Luther, der große Reformator, war ein gläubiger und unerschrockener Mann. Den
Eltern und Lehrern, unsern größten Wohlthätern, sind wir Liebe und Dank
schuldig. Gott, treu in seinem Wesen, will, daß auch wir, selbst int kleinsten,
treu sein sollen. Ein Eisen, durch Glut nicht erhitzt, läßt sich auch nicht schmieden.
Das Turnen und Baden, vorsichtig betrieben, stärkt den Körper. Jakob, von der
Reise ermüdet, schlief selbst auf einem harten Stein. Die Lerche steigt in die
Luft, ihr munteres Liedchen singend. — Heute rot, morgen tot. Guter Gruß,
gute Antwort. Jung gewohnt, alt gethan. Acht gegeben! Bücher zu!
248. Preußens Fall und Vorbereitung.
Friedrich Wilhelm II. (1786—97) und
Friedrich Wilhelm III. (1797—1840).
1. Nach Friedrich dem Großen folgte, 0von ihm selbst bestimmt,
sein Neffe, "Friedrich Wilhelm II., auf den Königsthron. Sein
Onkel hatte ihm ein bedeutend vergrößertes Reich, einen großen
Kriegsschatz, ein starkes Heer und einen ansehnlichen Staat hinter-
laffen, "durch Bevölkerung, Gewerbfleiß, Wohlstand und Bildung ge¬
hoben. Aber der Neffe, "wiewohl selbst bedeutende Gebietserweite¬
rungen erlangt*), war nicht der Onkel, wurde nicht der „alte Fritz".
Schon in den ersten Jahren seiner Regierung und bald nach dem
Tode des tapfern Fritz brach (1789) die schreckliche Revolution in
Frankreich aus. Auch er, "vor allein die Ruhe der Völker wollend,
hielt es für seine Pflicht, "dem bedrohten französischen Thron zu
Hülfe zu eilen in Verbindung mit dem Kaiser Leopold II., der
seinem Bruder, "Joseph II., in der Regierung gefolgt war. Später
traten dem Bündnis noch mehrere europäische Fürsten bei. Zwar
*) Namentlich durch die Teilung Polens.