III 60
stirbt die Seide ab. Pflanzen, die ihre Nahrung anderen Pflanzen (oder deren verwesen⸗
den Teilen entziehen, nennt man Schmarotzer. Zu ihnen gehört auch die Mistel, die
z. B. auf Pappeln und Obstbäumen wächst und selbst im Winter, wenn ihr Wirt
kahl dasteht, weitergrünt. Auch Klappertopf, Wachtelweizen und Augentrost (S. 31)
treiben ein schmarotzerartiges Leben. Ganz besonders aber gehbren hierher die Pilze.
82. Die Kartoffel.
1. Geschichtliches. Vor etwa 300 Jahren war die Kartoffel noch ein Wildling
auf den Gebirgen Perus und Chiles. Ums Jahr 1584 wurde sie von dort durch
Franz Drake einem Freunde in England zugesandt. Bei einem Mahle wollte dieser
seine Gäste mit dem neuen Gerichte überraschen. Aber statt der Knollen hatte man
die Beeren zubereitet, und die schmeckten ganz abscheulich. Schon glaubte man,
in England gedeihe das neue Gewächs nicht. Da sah eines Morgens der Herr
gebratene Knollen in der Asche eines Feuers liegen, das der Gärtner angezündet
hatte, und roch ihren lieblichen Duft. Auf sein Befragen erfuhr er, daß sie an
der Wurzel der fremden Pflanze gesessen hätten. Bald darauf wurden die Gäste
wieder eingeladen, und nun gaben sie ein günstigeres Urteil über das ausländische
Gewächs ab. — Wahrscheinlich ist aber die Kartoffel schon früher (15660) nach
Europa gekommen und zwar über Spanien nach Italien. Hier erhielt sie wegen
ihrer Ahnlichkeit mit den Trüffeln den Namen „Tartufolo“, woraus später das
Wort „Kartoffel“ entstanden ist. In Deutschland fanden die Kartoffeln erst mehr
und mehr Eingang durch den Großen Kurfürsten und namentlich durch Friedrich d. Gr.
2. Knollen. Aus den unterirdischen Stengelteilen entspringen sowohl Neben—
wurzeln als auch mit Niederblättern versehene Ausläufer (unterirdische Zweige). Nur an
diesen Ausläufern — nicht an den Wurzeln — sitzen die fleischigen Knollen. Jede Knolle
ist ein unterirdischer, fleischig verdickter Stengel, dessen Knospen wir in den „Augen“
erkennen. — Pflanzt man eine solche Knolle, so sprossen aus den „Augen“ beblätterte
Stengel hervor, die mit dem unteren Teile finger- oder handtief in die Erde dringen.
An diesem unterirdischen Teile bilden sich wieder Ausläufer. Diese aber verdicken sich
an ihrem Ende sowie an den Enden ihrer Ate zu Knollen. Damit die Ausläufer reich—
lich Erdreich erhalten und recht zahlreiche Wurzeln bilden können, werden die Kartoffeln
„behäufelt“. Der Nährwert der Kartoffel beruht auf ihrem reichen Vorrate an Stärke—
mehl. (S. Chemie, S. 931) Im Sandboden werden die Knollen am mehlhaltigsten.
3. Stengel, Blätter und Blüten. Der Stengel ist mit weit hervortretenden
Kanten versehen. Dadurch leitet er wie in einer Wasserrinne das Regenwasser zur
Wurzel. (S. 3.) Die Blätter sind gefiedert, die Fiederblättchen ungleich. EEs wechseln
größere und kleinere Fiederblättchen unregelmäßig ab.) Welchen Vorteil gewähren die
gefiederten Blätter? (S. 16.) Die Blüten haben keinen Honig. Der Insektenbesuch ist
daher spärlich. Gewöhnlich tritt Selbstbestäubung ein. Dies geht um so leichter, als die
Blüte meist nickend ist und der herausragende Stempel sich etwas zur Seite krümmt, so daß er
den herabfallenden Blütenstaub leicht auffangen kann. Die Frucht ist eine Beere (S. 41.)
4. Die Kartoffelkrankheit entsteht durch einen kleinen Pilz, der sich in allen
Teilen der erkrankten Pflanze, zuerst gewöhnlich auf den Blättern, zeigt. Hier
erscheint er als zarter Schimmel, der das saftige Grün der Pflanzen in ein
häßliches Graubraun verwandelt. Die Sporen dieses Pilzes werden vom Regen
teilweise in den Boden gespült, wo sie mit den jungen Knollen in Berührung
kommen. Sie wachsen in diese hinein und zerstören sie, indem die Knollen zu
einer jauchigen Masse verfaulen (nasse Fäule) oder zu einer bröckligen, rissigen
Masse zusammenschrumpfen (trockene Fäule) Um das Krankwerden der Kartoffeln