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51. Mahnung. 
51. Mahnung. 
l. Pütet eure Zungen vor Beleidigungen; 
laßt kein böses Wort hervor; stoßt den Riegel vor das Thor! 
Stoßt den Riegel vor das Thor; laßt kein böses Wort hervor; 
vor Beleidigungen hütet eure Zungen! 
Hütet eure Augen! Blendung will nicht taugen. 
Laßt sie weg vom Bösen sehn! Lehrt sie nur das Gute spähn! 
Lehrt sie nur das Gute spähn! Laßt sie weg vom Bösen sehn! 
Blendung will nicht taugen, hütet eure Augen! 
Hütet eure Ohren, oder ihr seid Thoren! 
Laßt kein böses Wort darin, es verunehrt euren Sinn! 
Es verunehrt euren Sinn, laßt kein böses Wort darin! 
Oder ihr seid Thoren! Hütet eure Ohren! 
Ohren, Augen, Zungen hütet, liebe Jungen! 
Leider walten diese drei allzu rasch und allzu frei. 
Allzu rasch und allzu frei walten leider diese drei: 
hütet, liebe Jungen, Augen, Ohren, Zungen. 
(Walther v. d. Vogelweide.) 
52. Ich mag nicht lügen! 
Ein Knabe hatte ein kleines Beil zum Spielwerk bekommen. Daran hatte 
er seine grosse Freude und hieb damit, wie es eben traf; und es traf manch- 
mal dahin, wo es nicht gut war. Wie der Kleine mit dem Beil auf der 
Schulter auch in den Garten kam, sagte er: „Nun vill ieb ein tüchtiger 
Holzhauer sein!‘ Und er hieb seines Vaters schönstes Kirschbäumchen ab. 
Den andern Tag kam der Vater in den Garten, und als er das 
schöne Bâumchen am Boden liegen sah, wurde er betrübt und zornig. „WMer 
mir das gethan hat“, rief er aus, „der soll mir's schwer bülsen!“ — Aber 
wer es gethan hatte, das wulste kein Mensch, aulser einem, der stand 
gerade hinter der Hecke, hörte, vie der Vater so zürnte, und wurde feuer- 
rot. „Es ist schlimm“, dachte er; „aber wenn ich's verschwiege, so wär's 
eine Lüge, und lügen mag ich nieht!“ 8o trat er denn schnell in den 
Garten zum Vater und sagte: „Vater, ich habe das Bäumcehen umgehauen. 
Es war hässlich von mirl? Da sah der Vater den Knaben an und machte 
wohl noch ein ernsthaftes Gesicht, aber er zürnte nicht mehr. 
Der Kleine Knabe lebte in Amerika und wurde nachher ein braver 
Mensch und dazu ein gewaltiger General, hat auch niemals gelogen. Er 
hiess Georg Washington. (Dix.) 
53. Fritz, der Lügner. 
Ein guter, dummer Bauernknabe, 
den Junker Hans einst mit auf Reisen nahm, 
und der, trotz seinem Herrn, mit einer guten 
Gabe, 
recht dreist zu lügen, wiederkam, 
ging kurz nach der vollbrachten Reise 
mit seinem Vater über Land. 
Fritz, der im Gehn recht Zeit zum Lügen 
fand, 
log auf die unverschämt'ste Weise.
	        
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