Object: [Teil 1 = Mittelstufe, [Schülerband]] (Teil 1 = Mittelstufe, [Schülerband])

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seine Pfeife in den Gassen hören. Alsbald kamen diesmal nicht Ratten und 
Mäuse, sondern Kinder, Klaben und Mägdlein, vom vierten Jahr an in 
großer Anzahl gelaufen, worunter auch die schon erwachsene Tochter des 
Bürgermeiflers war. Der ganze Schwarm folgte ihm nach, und er führte 
sie hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand. Dies hatte ein 
Kindermädchen gesehen, welches mit einem Kinde auf dem ÄArm von fern 
nachgezogen war, danach umkehrte und das Gerücht in die Stadt brachte. 
Die Eltern liefen haufenweis vor alle Thore und suchten mit betrüblem 
Herzen ihre Kinder; die Mütter erhoben ein jämmerliches Schreien und 
Weinen. Von Stund an wurden Bolen zu Wasser und Land an alle Orte 10 
herumgeschickt, zu erkundigen, ob man die Kinder oder auch nur elliche ge 
sehen, aber alles vergeblich Es waren im ganzen hundert und dreißig ver— 
loren. Zwei sollen, wie einige sagen, sich verspätet haben und zurückge⸗ 
kommen sein, wovon aber das eine blind, das andere fstumm gewesen, also 
daß das blinde den Ort nicht hat zeigen können, aber wohl erzählen, wie sie 15 
dem Spielmann gefolgt wären, das stumme aber den Olt gewiesen, ob es 
gleich nichts gehöͤrt. Ein Knäblein war im Hemd mitgelaufen und kehrte 
um, seinen Rock zu holen, wodurch es dem Unglück entgangen; denn als es 
zurückkam, waren die andern schon in der Grube eines Hügels, die noch 
gezeigt wird, verschwunden 20 
278. Die Hussiten vor Naumburg. 
(Caspari.) 
Als die Hussiten unter Anführung des Procopius in Meißen ein— 
gefallen und gegen die Deutschen Sieger geblieben waren, zogen sie verheerend 
und plündernd gegen Naumburg. Die Einwohner in Naumburg, weil sie 
wußten, daß Procopius auf sie einen besonderen Haß geworfen, beschlossen, 
sich zu wehren. Sie machten zur Verteidigung eilend Anstalten, und einer 
sprach dem andern Mut zu. Wirklich schickte auch Procop durch zwei ge— 
fangene Bauern einen Zettel in die Stadt, worauf geschrieben stand: „Denen 
zu Naumburg soll keine Gnade zukommen und angedeihen.“ Die Leute in 30 
Naumburg machten sich also gefaßt darauf, durch den zornigen Feind mu 
Feuer und Schwert vertilgt zu werden. 
Damals lebte ein Schlosser in Naumburg, Wilhelm Wolf genannt, ein 
Mann, bei allen wohlgelitten. Der war damals gerade Viertelsmeister und 
ersann folgenden Plan: Die Eltern sollten ihren Kindern folgenden Tages 38 
weiße Sterbehemden anthun und sie dann in das feindliche Lager gehen 
lassen, damit sie vor dem Heerführer einen Fußfall thäten. Die Kindlein werde 
Gott beschirmen, und es könne sein, daß durch sie der ganzen Stadt Gnade 
widerfahre Nachdem die Bürger eingewilligt, begab sich der Viertelsmeister 
selbst zu Procop und erwirkte für einen Tag Aufschub des Sturmes. Er 10 
brachte von Procop einen Zettel mit, worauf stund: „Dir ist bis morgen um 
diese Zeit Bedenk gegeben 
An dem bestimmten Tage mußten nun alle Kinder der Stadt, welche 
nicht über 14 und nicht unter Jahre waren, sich vor dem Rathause ver— 
sammeln, 238 Knaben und 321 Mädchen. Den Kindern wurde aufgegeben, 5 
daß sie, sobald sie ins Lager gekommen, mit gen Himmel gehobenen Hände 
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