Friedrich Wilhelm III. — Die Befreiungskriege. 
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dem traulichen „Du" und nicht mit dem damals üblichen „Sie" an. Friedrich 
Wilhelm hatte schon als Kronprinz das Gut Paretz, nahe bei Potsdam, ge¬ 
kauft, und hier verlebte das prinzliche und später königliche Paar die schönsten 
Tage im Kreise ihrer Kinder in ländlicher Stille. Gerne verkehrte hier Luise 
mit den schlichten Landleuten. Besonders beim Erntefest ging es hoch her. Jung 
und alt wurde vom Königspaar bewirtet, und bei dieser Gelegenheit hat wohl 
auch die Königin einmal mit einem Bauern getanzt. 
b) Während der Unglückszeit. 1806 wurde diese glückliche Zeit durch 
den Krieg beendet. Luise begleitete ihren Gemahl ins Kriegslager nach Thüringen. 
Am 13. Oktober reiste sie nach Berlin zurück und erhielt unterwegs die Nachricht 
von dem unglücklichen Ausgang der Schlachten. Mit ihrem Gemahl und ihren 
Kindern traf sie in Küstrin zusammen, und gemeinsam floh man nach dem fernen 
Königsberg. Die Sorge um das Vaterland und die Anstrengungen der schnellen 
Reise warfen die Königin aufs Krankenbett, ein Nervenfieber befiel sie. Da 
erscholl im Januar 1807 die Kunde: „Die Franzosen rücken heran!" Luise er¬ 
klärte: „Ich will lieber in Gottes Hände, als in die der Franzosen fallen!" 
Sie wurde bei heftiger Kälte und Sturm in den Wagen getragen, und fort 
ging die Fahrt 20 Meilen über die Kurische Nehrung. Die erste Nacht wurde 
in einer elenden Hütte verbracht, deren Fenster zerschlagen waren, so daß der 
Schnee bis auf das Bett der Königin geweht wurde. Dabei blieb ihr Gott¬ 
vertrauen unerschüttert. Gott stand ihr bei, die Genesung schritt fort, und nach 
drei bangen Tagen langte man in Memel an, wo die Königin genas. 
c'i Krankheit und Tod. Noch zwei Jahre blieb das Köuigspaar in Ost¬ 
preußen. Luise fand in dieser schweren Zeit in den vielfachen Beweisen der 
Liebe ihrer Untertanen und in der Erziehung ihrer Kinder ihren Trost. 1809 
kehrte die Köuigsfamilie nach Berlin zurück. Die Königin kränkelte beständig 
seit jener Flucht. Im Sommer 1810 reiste sie zu ihrem Vater nach Hohenzieritz 
in Meckleuburg-Strelitz. Hier verschlimmerte sich aber ihre Krankheit sehr. Der 
König eilte sofort mit seinen beiden ältesten Söhnen au ihr Krankenbett. Am 
19. Juli starb die edle Dulderin. Mit dem Könige trauerte das ganze Volk. 
Im Mausoleum zu Charlotteuburg wurde ihre Leiche beigesetzt. Ihr Gedächtnis 
aber wird im Preußenvolk allzeit lebendig bleiben. 
§ 23. Die Befreiungskriege. 
1. Zug nach Rußland. Auch der mächtige Kaiser Alexander von Rußland 
hatte eine Zeitlang zu Napoleons Freunden gehört und in seinem Reiche den 
Handel mit England verboten (Kontinentalsperre). Doch schadete er hierdurch 
dem Handel des eigenen Reiches. Als er nun die Sperre aufhob, begann Napo¬ 
leon mit ihm den Krieg. Mit einem Heere von stz Million Streitern siel 
Napoleon 1812 in Rußland ein, schlug in zwei Schlachten die Russen und rückte 
bis Moskau vor. Hier hofften die ermatteten Krieger Erholung zu finden. Aber 
die Russen zündeten ihre eigene Hauptstadt an; Napoleons Friedensvorschläge 
wurden zurückgewiesen, und so mußte er den Rückzug antreten. Sehr früh 
und streng trat der Winter ein. Durch Hunger,..Frost und die Verfolgung der 
Kosaken kamen viele Franzosen um. Bei dem Übergange über die Beresina 
brachen die Brücken, und Tausende kamen in den Fluten um oder wurden von 
den Russen gefangen. Napoleon überließ die Trümmer seines Heeres ihrem 
Schicksal und eilte nach Paris. 
2. Preußens Erhebung. Jetzt erkannte man in Preußen, daß die 
Stunde der Befreiung geschlagen habe. General Uork, der Führer des preu¬ 
ßischen Hilfsheeres, welches Napoleon hatte folgen müssen, verband sich mit den 
Russen. Der König ging, um aus der Gewalt der Franzosen zu kommen, von 
Berlin nach Breslau, schloß mit Rußland ein Bündnis, stiftete am Geburtstage 
der Königin Luise (10. März) das Eiserne Kreuz und rief am 17. März 
17. Hirts Realienbuch. Ausg. D. 3E
	        
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