Wilhelm I.
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der Erde; Preußens Kriegsruhm drohte aber jetzt den der Franzosen zu verdunkeln,
darum forderten sie „Rache für Sadowa!" Ein nichtiger Anlaß führte den Bruch
herbei. Die Spanier hatten ihre Königin vertrieben und neben anderen auch
dem Prinzen Leopold von Hohenzollern die Krone angetragen. Einen Hohen¬
zollern aber wollten die Franzosen auf dem spanischen Throne nicht dulden.
Napoleons Gesandter forderte darum vom König Wilhelm, der gerade in Bad
Ems weilte, er solle dem Prinzen die Annahme der Krone verbieten. Diese
Forderung wies der König zurück. Obgleich der Prinz auf die Krone verzichtete,
so verlangte Napoleon, König Wilhelm solle schriftlich erklären, daß er keinem
Hohenzollern die Annahme der spanischen Krone gestatten werde. Die mit dieser
Herausforderung beabsichtigte Demütigung wies König Wilhelm zurück, indem er
weitere Besprechungen in dieser Sache ablehnte. Hierdurch fühlten sich die Fran¬
zosen tief verletzt, und „Krieg, Krieg!" ertönte es durch Frankreich. In Deutsch¬
land aber freute man sich über des Königs mannhafte Zurückweisung französischen
Übermutes. Der König eilte nach Berlin. Am 19. Juli erklärte Frankreich den
Krieg. König Wilhelm erneuerte den Orden des Eisernen Kreuzes. — Auch die
süddeutschen Fürsten stellten ihre Truppen unter König Wilhelms Befehl. Be¬
geistert und opferfreudig ging das Volk dem Kampfe entgegen; die „Wacht am
Rhein" wurde zum Volksliede. — Dank den vortrefflichen Einrichtungen des
Kriegsministers v. Roon stand das deutsche Heer in 14 Tagen kriegsmäßig aus¬
gerüstet am Rhein. Es war in drei Armeen geteilt: die erste unter Stein¬
metz sammelte sich bei Saarbrücken, die zweite geführt vom Prinzen Friedrich
Karl, und die dritte unter dem Kronprinzen, auch die Süddeutschen um¬
fassend, in der bayrischen Pfalz.
2. Die ersten Kämpfe. Am 4. August errang der Kronprinz bei Weißen-
burg einen Sieg, indem er die Befestigungen und den Geißberg erstürmte. Bei
Wörth schlug er am 6. August das Heer des Marschalls Mac Mahon in
regellose Flucht. An demselben Tage siegte Steinmetz bei Spichern.
3. Die Kämpfe um Metz. Marschall Bazaine (basähn) stand mit
200000 Mann bei Metz; er wollte sich mit Mac Mahon, der bei Chälons ein
neues Heer gesammelt hatte, vereinigen. Um dies zu verhindern, griff ihn
Steinmetz am 14. August bei Courcelles (kurßäl) an und hielt ihn bei Metz
fest. Prinz Friedrich Karl drang in Eilmärschen über die Mosel vor und
war (am 10. August) bei Mars la Tour auf der von Metz westwärts führenden
Straße früher als die Franzosen und verlegte ihnen mit Erfolg den Weg nach
Chälons. lFreiligrath: Die Trompete von Vionville.) Am 18. August wurden
die Franzosen bei Gravelotte und St. Privat von den Deutschen unter
König Wilhelms eigener Führung völlig geschlagen und nach Metz zurückgeworfen.
(Vergleiche h 1 E). 5c.) Prinz Friedrich Karl übernahm das schwierige Werk der
Belagerung von Metz.
4. Sedan. Mac Mahon hatte sich von Chälons aus nordwärts gewendet,
um in einem Bogen nach Metz zu kommen und Bazaine zu befreien. Als die
Unseren diesen Plan merkten, unternahmen auch sie eine Schwenkung nach Norden.
Der Kronprinz von Sachsen schlug die Franzosen bei Beaumont (bomong)
am 30.^ August und verlegte ihnen den Weg nach Metz. Auch die Armee des
Kronprinzen von Preußen nahte und schloß dm Feind von Süden, Westen und
später von Norden her ein. Am 1. September unternahm Mac Mahon,
gestützt auf die Festung Sedan, einen Dnrchbruchsversuch. Mac Mahon
wurde verwundet; in Sedan brachen Feuersbrünste aus. Im Heere der Fran¬
zosen hörte alle Ordnung ans, und die Generale beschlossen, sich gefangen zu
geben. Auch Napoleon befand sich in Sedan. Am 2. September traf er mit
König Wilhelm zusammen. Er wurde als Gefangener nach Wilhelmshöhe bei
Kassel geschickt. Die französische Armee. 83 000 Mann, wurde kriegsgefangen.
König Wilhelm schrieb an seine Gemahlin: „Welch eine Wendung durch Gottes