Full text: Stoffe für den Unterricht in den Realien ([Nr. 11])

§ 15. Das Leben im Mittelalter. 
23 
Damen und hochgeborene Ritter, Platz fanden; dem Tapfersten ward der „Dank" 
von einer Edeldame überreicht. 
6. Ritterorden. Am schönsten zeigt sich der Geist des Rittertums 
in den geistlichen Ritterorden. Sie entstanden während der Kreuzzüge, und 
ihre Hauptaufgabe war damals neben dem Kampfe gegen die Türken die Pflege 
und Unterstützung der Pilger. Der aufzunehmende Ritter mußte außer dem 
Rittergelübde noch das Mönchsgelübde leisten, er versprach nämlich Ehelosig¬ 
keit, Armut und Gehorsam. Solche Orden waren der der Johanniter 
(schwarzer Mantel, weißes Kreuz) und der Templerorden (weißer Mantel, 
rotes Kreuz) und der Deutsche Ritterorden (weißer Mantel, schwarzes 
Kreuz). Der letztere wurde gegen Ende der Kreuzzüge nach Preußen gerufen 
(1228). In langem Kampfe eroberteil die Deutsch-Ritter das weite Land, 
führten in dieser Zeit bald das Schwert, bald den Pflug, riefen deutsche Kolo¬ 
nisten herbei und gewannen so dem Dentschtume und dem Christentume dieses 
Land. Die prächtige Marien bürg war der Sitz des Hochmeisters. Als die 
Glieder des Ordens reich und übermütig geworden und die gebotenen strengen 
Ordnungen durchbrachen, da unterlagen sie der Macht der Polenfürsten und 
.mußten deren Oberhoheit anerkennen. Im Jahre 1525 wurde Preußen ein 
weltliches Herz ogtnm. Der erste Herzog Alb r e cht war ein H ohenz oller. 
B. Städtelebcn. 1. Das Äußere einer Stadt von damals unter¬ 
schied sich in mancherlei von dem der heutigen Städte. Hohe, oft mehrfache 
Mauern, auch Wallgräben, umgaben die Stadt. Enge Thore, die allabendlich 
-auch in Friedenszeiten geschlossen wurden, führten hinein. Sv tvar in jenen 
unruhigen Zeiten die Stadt geschützt. Die Straßen waren ungepflastert, eng 
und krumm. Die Bürgerhäuser schmückten Erker, Bilder und fromme Sprüche. 
Die oberen Stockwerke ragten oft über die unteren hervor und raubten so der 
Straße das Licht. An dem geräumigen Marktplatze erhob sich unweit der 
meist großartigen Kirche das prächtige Rathaus, beide oft mit schlanken 
Türmen geziert. Auf dem Turme hielt der Wächter scharfe Umschau. 
2. Die Bewohner der Städte, die Bürger waren anfangs jene freien 
Bauern, welche nach dem Willen des Herrschers in die neugegründeten Städte 
übersiedeln mußten. Ihre Nachkommen bildeten die sogenannten Geschlechter und 
-hatten lauge Zeit allein das Stadtregiment in den Händen. Vielfach hatten 
diese freien Leute ihre Leibeigenen mitgebracht. Zn diesen gesellten sich bald 
viele andere, meist arme iinb von ihren Grundherren bedrückte Landlente. Da 
die Bebauung des zur Stadt gehörigen Feldes ihnen nicht genügende Be¬ 
schäftigung gewährte, und das Zusammenleben so vieler Familien andere Ver¬ 
hältnisse und Bedürfnisse entwickelte, so bildeten sich bald bestimmte Handwerke 
heraus. Männer, die einerlei Gewerbe trieben, traten zu einer Innung oder 
Zunft zusammen. Diese überwachte sowohl die Ausbildung der Lehrlinge, 
als auch die Wanderschaft der Gesellen, und selbst der Meister stand unter 
ihrer Aufsicht, damit er tadellose Ware liefere. So hob sich der Handwerker¬ 
stand; der einzelne Meister wurde wohlhabend, und so gelangten auch die 
Zünfte, allerdings erst nach oft blutigen Kämpfen, dazu, daß sie am Regiment 
der Stadt teilnehmen durften. Neben dem Gewerbe blühte der Handel. Ans 
den Märkten, die fast nur in den Städten abgehalten wurden, bot man die 
Waren ans Stadt und Land feil. Aber bald genügte dieser enge Verkehr dem 
deutschen Kaufmann nicht mehr.. Er zog in die fernsten Teile des Reiches, ja 
über die Grenzen desselben, und selbst das Meer setzte ihm keine Schranken, 
um die Erzeugnisse der Heimat gegen die anderer Länder auszutauschen. So 
zog z. B. der Breslauer Kaufmann über Wien nach Venedig, um kostbare
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.