II. Der menschliche Körper.
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Sturmwind die Blätter verweht, so nahmen die Kräfte ihm ab.
Nun nahm er Arznei; doch jetzt war's zu spät. Dort liegt
nun der Trotzkopf im Grab. Dinter.
42. Der Bettler und der Tod.
Ein Bettelmann warf seine Krücke voll Unmuth in den
tiefen Rhein und sprach, erzürnt auf sein Geschicke: O Tod,
verkürze meine Pein!“ Der Tod erschien ihm aus Erbarmen.
„Fi,“ sprach der Bettler, „bist du hier? Mein Trost und
Stab entfiel mir Armen; ach, schwinm ihm nach und hol'
ihn mir!“ Drollinger.
43 Der Mensch und der Kranich.
In den Tagen, wo die Blätter fallen und die Blumen
sterben, saß die Familie eines hochbetagten Lehrers vor der
reinlichen Wohnung und sah der früh scheidenden Sonne nach,
die hinter den blauen Zinnen des Gebirges versank.
Alle waren ernst und still, und der Schleier der Wehmuth,
der über der Gegend hing, schien auch die Herzen zu decken.
Nur das Antlitz des alten Vaters, der umringt saß von Kin—
dern und Kindeskindern, war hell und heiter, wie Eines, der
eine n genährte, theure Hoffnung der endlichen Erfüllung
nahe sieht.
als alle so bei einander waren, zog ein granr
im kreisenden Fluge über sie hin gegen Süden, und alle Blicke
wandten sich auf die Wanderer der Lüfte. Da erhob der alte
Vater seine Stimme und r „Wie gleichet der Mensch doch
dem Kranich! So lange die Sonne wärmt und die Erde trägt,
wohnt der Kranich bei uns und baut ein sicheres Nest für sich
und die Seinen; wenn aber die Garben gebunden und die
Trauben gesammelt sind und der Nord von den Bergen über
die Ebene rauscht, dann vermag der Kranich nicht länger zu
weilen. Er bricht auf mit den Seinen zur Wanderung über
das Meer, dahin, wo die Sonne wärmt und der Frühling
blüht. — Und auch der Mensch ist nur ein Gast im Leben,
baut wohl sein Haus und freut sich des Frühlings und arbeitet
in den Monden des Sommers und sammelt die Garben des
Fleißes; doch wenn es um ihn her rauh wird und öde, wenn
der Baum seiner Kraft sich entlaubt und die Schneeflocken des
Winters sein dun überdecken, dann vernimmt er, wie der
Kranich, den Ruf zur 53 Dann stillt der ernste Engel
des Todes die Sehnsucht des Menschen und nimmt ihn auf