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§ 23. Der Dreißigjährige Krieg.
das es die gerechtesten Ansprüche hatte, die Bistümer Magdeburg, Halber-
stadt, Minden und Kammin. Sachsen bekam die Lausitz, Bayern die Ober-
psalz. Die Nachkommen des abgesetzten Kurfürsten Friedrich von der Pfalz
erhielten die Unterpfalz zurück und ° die neugestiftete achte Kurwürde.
7. Die Folgen des furchtbaren Krieges waren für Deutschland über¬
aus traurig. Seit Jahrhunderten hatte das deutsche Reich für das erste
und mächtigste Reich der Christenheit gegolten. Jetzt war sein Ansehen
nach außen gänzlich dahin; ja, es war zum Gespött anderer Völker ge¬
worden. — Das Schwert, der Hunger und die Pest hatten während des
langen Krieges mehr als die Hälfte aller Bewohner Deutschlands dahin¬
gerafft. — Die einst blühenden und gesegneten Gefilde waren in Wüsten
verwandelt, die Dörfer niedergebrannt oder verödet, den wenigen übrig
gebliebenen Bauern fehlte das Saatgut; ihre Äcker waren mit Unkraut
und wildem Gestrüpp bedeckt. Nutz- und Zugvieh hatten die Kriegshorden
geraubt, ebenso die Sparpfennige. Dienstleute waren kaum zu erlangen.
— Wenig besser stand es um die Bürger in den Städten. In Schlesien,
Brandenburg, Thüringen und anderen deutschen Ländern war die Zahl
der Bewohner der Städte auf den vierten Teil gesunken. In vielen Städten
stand mehr als die Hälfte der Häuser leer. Die Heere von Freund und
Feind hatten während des langen Krieges den Städten oft kaum erschwing¬
bare Kriegssteuern auferlegt, und so war der Reichtum der Bürger ge¬
schwunden. Der Kaufmann und der Handwerker hatten kein Geld zum
schwunghaften Betriebe ihres Geschäftes. Die Handelsstraßen waren un¬
wegsam und unsicher; denn die entlassenen Söldner rotteten sich zu wilden
Räuberbanden zusammen, die Bauern und Bürgern gleich verderblich
wurden. — Unwissenheit und Unsittlichkeit, Unglaube und Aberglaube
herrschten allerwärts; denn in der schweren Kriegszeit war ein schrecklich
rohes Geschlecht herangewachsen, weil Kirchen und Schulen meist verödet
standen. Wissenschaft, Kunst, Landbau und Gewerbefleiß hatten so tiefe
Wunden erhalten, daß mehr als ein Jahrhundert nötig war, dieselben zu
heilen. — Deutschland war bei Beginn des 17. Jahrhunderts in Hinsicht
auf bürgerlichen Wohlstand, Anbau des Bodens und Dichtigkeit der Be¬
wohner das blühendste Land in Europa gewesen. Jetzt stand es hinter
den meisten anderen Ländern Europas weit zurück. Aber bald nach dem
Abschluß desWestfülischen Friedens und der Wiederkehr geordneter Zustände
zeigten sich Spuren neu erwachenden Lebens im deutschen Volke, treulich
gepflegt von den Fürsten, besonders den Hohenzollern. (Vergleiche z. B.
tz 26.'2. u. 3.)
Aufgaben: 1. Nenne Reichstage aus der Regierungszeit Karl V. und erzähle von
deren Verlaufe! 2. Wodurch wurde der Schmalkaldische Krieg veranlaßt? 3. Mit welchem
Rechte ist das Konzil von Trient als die Reformation der katholischen Kirche zu be¬
zeichnen? 4. Was bestimmte zu den verschiedenen Zeiten das Auftreten des Herzogs
Moritz von Sachsen? 5. Die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens. 6. Gib
ein Lebens- und Charakterbild Wallensteins! 7. Nenne evangelische und katholische Feld¬
herren des 30jährigen Krieges und erzähle von ihren Schicksalen! 8. Friedensschlüsse
während des 30jährigen Krieges! 9. Gustav Adolfs Zug durch Deutschland. 10. Suche