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Ruhe und Bewegung der flüssigen Körper.
gelegenen Stellen der Erdoberfläche dringt zuweilen das Regenwasser in durchlässige Erd¬
schichten a ein, welche von undurchlässigen Schichten b und c oben und unten eingeschlossen
sind. Sind die Schichten muldenförmig
gelagert, und man treibt ein Bohrloch
bis zur wasserführenden Schicht, so springt
das Waffer infolge des eignen Druckes
empor. Die artesischen Brunnen sind für
wasserarme Gegenden von größter Wich¬
tigkeit. Mit Hilfe derselben haben die
Franzosen wüste Landstrecken in Algier
ertragsfähig gemacht. Selbst in Venedig
hat man solche Brunnen erbohrt. Hier,
wo die erforderlichen Höhen in der Nähe
fehlen, muß also das Wasser aus weiter
Ferne und einem großen Gebiete stammen.
Hieraus erklärt sich der Wasserreichtum
Fig. 37. der artesischen Brunnen.
4. Die Schiffahrtskanäle bestehen aus einzelnen wagrechten Strecken von ver¬
schiedener Höhe. Die Verbindung zwischen je zwei benachbarten Strecken wird durch eine
Schleuse hergestellt. Die Schleuse ist ein durch Thore verschließbares Stück Kanal, eine
Kammer. Sie dient dazu, die Schiffe vom Wasserstand der einen auf den der andern
Strecke zu heben oder herab,zulassen. Soll z. B. letzteres geschehen, so schließt man das
untere und öffnet das obere Thor. Das Wasser strömt dann aus der oberen Strecke
in die Schleuse, bis diese denselben Wasserstand hat. Nun kann das Schiff einfahren.
Ist dies geschehen, so schließt man das obere und öffnet das untere Thor. Das Wasser
strömt aus der Schleuse in die niedere Strecke, bis der Wasserstand gleich ist und das
Schiff seine Fahrt fortsetzen kann. Während der Fahrt des Schiffes durch den Kanal
muß also die oberste Haltung das zur Füllung der Schleuse nötige Wasser liefern und
daher selbst durch Bäche, Flüsse rc. gespeist werden. Wenn es hierzu an Wasser nicht
fehlt, kann man einen Kanal über bedeutende Höhen hinwegführen. — Für die Be¬
förderung von Massengütern, z. B. Steinkohlen, Erze k., sind die Kanäle von großer
Bedeutung, da ein mäßig großes Schiff soviel saßt als ein langer Bahnzug. Aus
diesen und andern Gründen (welchen?) stellt sich die Fracht auf dem Wasserweg viel
billiger als die Bahnfracht.
5. Der Wasserstandszeiger. Siehe Dampfmaschine!
25. von der Anhangskraft.
Ein Stückchen Papier oder Kork, das man mitten auf die ruhende Wasserfläche in
einem Trinkglase legt, bewegt sich nach den Wänden hin, so oft man es auch an die vorige
Stelle zurückbringt. Diese Erscheinung erklärt sich daraus, daß das Papier von dem
Glase angezogen wird. — Ein größeres Blatt Papier auf eine Wasserfläche gelegt, läßt
sich nur mit einem 'gewissen Kraftaufwand entfernen. Zwei vorher benetzte und dann
auseinandergelegte Glasscheiben lassen sich nur schwer trennen. Auch ohne Benetzung
haften große Glastafeln aneinander und müssen vorsichtig abgehoben werden.
Die genannten Körper haften aneinander, weil sie sich bei gegenseitiger Be¬
rührung anziehen. Diese anziehende Kraft wird Anhangskraft oder Adhäsion
genannt. Auch die Anhangskraft ist eine Äußerung der allgemeinen Anziehung.
Die Anhangskraft ist um so stärker, je inniger sich die Körper berühren. Durch das
Anfeuchten wird z. B. die Berührung der Glasscheiben inniger, weil dadurch die vor¬
handenen Unebenheiten ausgeglichen werden. Die Wirkung der Anhangskraft benutzen
wir beim Schreiben, Zeichnen, Malen, Leimen, Kitten, Löten, Vergolden rc.
Haarröhrchenanziehung. Ein ins Wasser getauchter Glasstab rc. bedeckt sich mit
einer dünnen Wasserschicht. Wir sagen, er wird benetzt. Das Wasser haftet am
Glas, weit die anziehende Kraft zwischen Wasser und Glas größer ist als die Kohäsion
der Wasserteilchen. Quecksilber benetzt den Glasstab nicht. Wie erklärt sich dies?
Befindet sich eine benetzende Flüssigkeit in einem Gefäß, so steigt sie an den Wänden
etwas empor. Ihre Oberfläche ist kugelig vertieft. Die Oberfläche einer nicht be¬
netzenden Flüssigkeit ist dagegen gewölbt. — Besonders stark wirkt die Anhangskraft
in sehr engen Röhren, Haarröhrchen genannt. Stellt man Haarröhrchen von ver-