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237. Hanf und Flachs.
Diese beiden Gewächse, welche in Deutschland fast
*uenthalben angebaut werden, verdanken ihre Verbreitung
^eder ihrer Blüte, noch ihren Früchten, sondern ihrem
tengel. Dieser enthält nämlich zähe Fasern (Bast), welche,
achdem sie von den spröden, holzigen Theilen befreit sind,
legsame Fäden geben, die sich spinnen lassen. Darum
fcunt man diese und ähnliche Pflanzen Faser- oder Ge-
•Puinstpflanzen. Welchen unendlichen Nutzen dieselben
P^vähren, kann sich jeder selbst auszählen, wenn er an die
o aaren des Seilers, an die Fäden, von dem Pechdrahte des
chusters bis zu dem Zwirn der Nähterin, an die Leinwand,
dem groben Packtuche bis zu dem feinsten Battist denkt,
hat man in neuerer Zeit die ausländische Baumwolle
lejiach an die Stelle des Flachses gesetzt, aber das feinste
Jlc* dauerhafteste Gewebe bleibt immer die Leinwand. Der
P^ftf hat den Vorzug größerer Festigkeit und Dauerhaftig-
Jptj» aber Feinheit und Schönheit bleibt auf der Seite der
achsenen oder leinenen Gespinnste. Und wie viele Per-
'?Uen finden Arbeit und Verdienst bei der Behandlung
dieser beiden Gewächse! Ber Bauer, welcher pflügt und
/a®t, die Weiber, welche die Winterabende durch Spinnen
,nd Haspeln kürzen, im Herbste brechen, schwingen und
schein, im Sommer die gefertigte Leinwand bleichen, die
,Veber, welche spulen, zetteln und weben, die Färber, welche
.ern Garn oder der Leinwand eine andere Farbe geben:
, *e haben ihren Vortheil von dem Anbau dieser Pflanzen,
ii ! ^biler gar nicht gerechnet. Dazu kommt, daß Hanf
jp* Flachs öligen Samen bringen, welcher sich mannichfach
• putzen läßt, der Hanf mehr als Futter für im Käfig ge¬
haltene Vögel, der Lein aber zu Oel. Zwar hat das Leinöl
hjcht den guten Geschmack des Mohnöls, des Nußöls u. s. w.
pein zu Firniß und Oelfarbe ist es unter allen das brauch¬
barste. Und der Flachs trägt reichlich. Aus seinen blauen
M weißen Blüten bilden sich erbsengroße Knoten, in deren
schern die platten Leinkörnchen in Menge sitzen. Wenn
hle. Sonne die Knoten gesprengt hat, fallen die Körnchen
jaeistens von selbst heraus, doch hilft man durch Dreschen
h°ch nach. Obgleich die Arbeit bei dem Bau und der Zu-
j^öitung des Flachses nicht leicht ist, so herrscht doch
JeWohnlich große Fröhlichkeit dabei, freilich bisweilen auch
T^ichtsinn, indem man bei dem Dörren mit dem Feuer nicht
:°*‘sichtig umgeht. Es sind schon ganze Ortschaften dadurch
11 Feuersnoth gekommen.