meinen Namen vergessen!" Und der liebe Gott sprach: „Vergrß-
meinnicht!" Das Blümchen schämte sich nnd verbarg sich trauern^
am grüngeschmückten Ufer des Baches. Aber wenn es in seinem
Versteck gesucht nnd gepflückt wird, mahnt es leise: Vergißmer»
nicht! Und sieh es an! Der Stengel ist anfsteigend nnd schlam,
bis 30 Centimeter hoch nnd etwas behaart. Die Wnrzelblätter
bilden eine Rosette nnd sind wie die Stengelblätter lanzetförmig-
Ein fünfzähniger Kelch umschließt eine trichterförmige Blnmenkro»e-
In der letzteren sitzen im Schlunde fünf gelbe Decklappen, zwisch^
welchen die fünf Staubgefäße kaum sichtbar hervorragen. Dm
Fruchtknoten entwickelt sich zu vier bis fünf Nüßchen. Der Blütew
stand ist eine einseitswendige, spieralig gedrehte Trugdolde. Dm
Blüten kommen vom Grunde bis zur Spitze des Blutenstände^
nach einander zum Aufblühen, darum kann man einen Vergiß'
meinnichtstrauß mehrere Wochen in der Stube blühend haben.
So steht das niedliche Vergißmeinnicht vor dir. Besonderes
Aufwand mit Wohlgeruch macht die Pflanze nicht; aber dennoch
ist sie uns eine liebe Erscheinung. Die liebsten Standorte dm
Pflanze sind da, wo reichlich Wasser vorhanden ist, an Quelle»
und Bächen. Du gehst am Ufer des Bächleins, der ganze Wiese»'
plan prangt im herrlichsten Frühlingskleide, im überhängende»
Erlen- und Weidengezweig singen die Vögel mit einander weck'
eifernd ihre schönsten Lieder und durch die üppige Pflanzenei»
fassnng des Baches strecken sich himmelblaue Vlütenbüschel und rufe»
dir zu:
Vergiß es nicht!
Geweiht zu Gottes Bilde
erzieht er dich für himmlische Gefilde, —
ein reines Herz nur schaut sein Angesicht.
Vergiß es nicht!
Aber auch im Moosbrnche ist das Vergißmeinnicht eine Zierde!
die schönen, spiralig gebogenen Blütenähren unterbrechen dort da¬
eintönige Grün angenehm. Einer alten Sage nach soll an dieses
Standort der Name der Pflanze zuerst ausgerufen sein. ßH»
Brautpaar wandelte am Rande eines solchen Moosbrnches. D^
Braut hätte gern von den Blümchen gehabt, und um den Wunsch
der Geliebten zu erfüllen, betrat der Bräutigam den treulos^
Boden. Schon hatte er ein Sträußchen davon in der Hand,
die Moosdecke unter ihm barst. Rettungslos versank er in ^
Tiefe. Als seine letzte Liebesgabe warf er den Strauß der oh»
mächtig zusammensinkenden Geliebten zu und rief ihr das Scheid^
wort zu: „Vergißmeinnicht!" H. Seytter.