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2- . „Ackerbau und Biehzucht und die Geschäfte des Hauses," sagt
->acitus, „überlassen sie deu Weiber« uud Knechte». Denn man mag den
Germanen leichter dazu bringen, den Feind herauszufordern und Wunden
r holen, als die Erde zu pflügen und die Ernte zu erwarten; ja, es scheint
chnen sogar feige, durch Schweiß zu erwerben, was man mit Blut ge-
.^nen kann." Allein diese Schilderung unserer Vorfahren stellt, wie so
ost die Darstellungen der römischen Schriftsteller, das Einzelne als
kttvas Allgemeines auf. Der kleinere Eigenthümer mußte ohne Zweifel,
M unser Bauer, selbst mit Hand anlegen, seinen Acker zu bauen, während
größere Grundbesitzer Zeit zur Jagd, zum geselligen Herumstreifen
Gastsreu «den und zu Festlichkeiten übrig behielt. Und was die Schil-
Muug des vorherrschend kriegerischen Sinnes betrifft, der lieber durch
jZut als durch Schweiß des Lebens Güter gewinnen wollte, ,so ist dies
den Gefolgen kühner Anführer, wie eines Ariovist, lind den Grenz-
?chren der Deutschen gegen die Römer, z. B. den Markomannen zu ver-
!!chen. Denn wenn bei eitlem Volke einmal Ackerbau und Viehzucht zuni
Hauptgeschäft geworden sind uud ohue sie das Leben nicht bestehen kann,
köuuen sie nicht zu den vom freien Manne verachteten Beschäftigungen
»ehören, welche er liur Weiberri und Knechten überläßt.
Gleichwohl bleibt nubezweifelt wahr, daß bei den Deutschen der
^keren Zeit kriegerischer Sinn und gewaltiger Trieb der Natur zu kühnen
Ulteruehlnungen urid überhaupt die ungebändigte Kraft mit ihren heftigen
»khlern vorgeherrscht habe. Allein dur' " " ’ ijÄ1“ " k“°
. hebende Bild größerer Tugenden her
Mchte zeigt sich neben bcu Fehlern der ungebundenen Naturkraft die edl<
Zulage, die Zucht und Ordnung, die großartige Vaterlandsliebe, die Trem
M Keuschheit wie bei deu Deutschen. mpmrmh." — fr
Allein durch alle diese Züge drängt sich das
r.^oende Bild größerer Tugenden hervor. Bei keinem Volke der Ge-
Alchte Aciat fick, neben den Reblern der unaebundenen Naturkraft die edle
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„Dort lächelt niemand," — so
3t. der xhle Römer, der für die Würde der unverdorbenen Natur
.^Pfänglichen Sinn bewahrt hatte, — „dort lächelt niemand über das
Mer, und verführen oder sich verfübren lassen heißt nicht vornehmer Ton;
'"l bei den Deutschen vermögen gute Sitten mehr als anderswo Gesetze."
Diese sittliche Würde des Deutschen, welche durch alle Züge der
fa.
H.7^ hervorleuchtet, hatte ihren wahren Quell uud Mittelpunkt in der
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les?"gkett ber Ehe und der daraus entspringenden Innigkeit des Familien-
tens. Nicht die Frau brachte dem Manne eine Aussteuer, sondern
»'Eler bezeugte deu Werth, den er auf die Verbindung mit ihr legte, je
M seinem Vermögen, durch reichere oder einfachere Geschenke. Zu diesen
8>horte, außer einem Rindergespann, auch ein Schlachtroß, Schilt und
Msse; eine Gabe, die bei einem Volke nicht unnütz war, wo die Frau,
s'onders bei großen Zügen, dem Manne oft in den Krieg folgte. Sie
Tapferkeit, Krieg und Waffen nicht für etwas durchaus Fremdes
'Zen uud wurde daher durch diese heiligen Zeichen der beginnenden Ehe
h. ""ert, sie komme als Gefährtin der Arbeiten und Gefahren des Marines,
r» Kriege wie im Frieden, und so müssen sie leben und so sterben. Da-
a derehrteu auch die Deutschen die tugendhaften Frauen sehr hoch; ja,
j0 Zaubteu, es sei ihnen etwas Heiliges und Ahnungsvolles eingeboren,
^ß sie ihren Aussprüchen oft in entscheidenden Augenblicken folgten,
v. Die Lebensweise der alten Deutschen in Kleidung und Nahrung
M einfach, der Natur gemäß. Der Frauen Schmuck bestand in dem
* den, langen Haare, in der frischen Farbe ihrer reinen Haut uud in dem