Full text: Deutsches Lesebuch für einfache Schulverhältnisse

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Aber wem gehört denn der Wald? — Ei nun, wo nicht biet 
und da ein reicher Mann ein Stückchen gekauft hat, gehört aller 
Wald dem Fürsten. Der Fürst läßt die Bäume pflanzen un» 
pflegen und sorgt auch, das; du unangefochten durch den dichteste» 
Wald gehen kannst. Darum ist's auch Diebstahl und Sünde, wen» 
einer im Walde Holz haut, das ihm nicht vom Förster ange' 
wiesen ist. Kühner. 
278. Die Burg Kyffhausen. 
In Thüringen giebt es ein schönes, weites und langes Thal' 
das wegen der Fruchtbarkeit seines Bodens die goldene D»' 
heißt und von der Helme und Unstrut durchflossen wird. Bei da' 
Stadt Nordhausen fängt die Aue an und zieht sich hinab bis 
Sangerhausen, Artern und Sachsenburg. Mit kleinen Städten u»^ 
Dörfern reichlich bebaut, mit den üppigsten, unabsehbaren Wiese» 
geschmückt, ist sie aus der einen Seite von der hohen Bergwa»^. 
des Harzgebirges gegen die kühlen Nordwinde geschützt, und ai» 
der andern lagern sich minder hohe mit Wald oder Fruchtücke»» 
bedeckte Bergzüge um sie her. Aus einem derselben, an der schönste» 
Stelle dieses gesegneten Landstrichs, welches das Kyffhüuser-Gebir^ 
gewöhnlich genannt wird, erblickt man die Ruinen der Burg Kylk 
Hausen. 
Die alten deutschen Könige und Kaiser hatten bis in da- 
vierzehnte Jahrhundert keine eigentlichen Residenzen. Sie zogt» 
in ihrem ganzen Reiche umher und wohnten bald bier, bald d», 
wo es ihnen entweder gefiel oder wo es ihre Geschäfte erheischtes 
Ein solcher Ort des Aufenthalts deutscher Kaiser war auch 
jetzt unbedeutende Dörfchen Tilleda am Fuße des Kyffhäuser-Berge^ 
Hier stand ein kaiserlicher Palast, in welchem Heinrich I. besonder 
gern Hof hielt. 
Tilleda war eben so wenig wie die kaiserliche Wohnung W" 
festigt, folglich allen Anfüllen bloßgestellt. Eine feste Burg a» 
dem Gipfel des gleich darüber hervorragenden hohen Berges sch^' 
natürlich das beste Mittel zur Beschützunq des Palastes zu sein, u» 
so entstand Kyffhausen. 
Still und schauerlich einsam ist es nun auf dieser Höhe, 
einst die Oberhäupter unseres Vaterlandes in kaiserlicher Pra^ 
wohnten. In der Einbildung der Bewohner der umliegend^ 
Dörfer wanken und wirken hier noch Gestalten und Geists 
aus entflohenen Jahrhunderten, sticht leicht möchte es eine zwest 
Burgruine geben, welche mit so vielen Sagen umrankt ist )v» 
Kyffhausen. Tief im Hintergründe der Vorzeit liegt die Em. 
stebung dieser Sagen; aber fortgepflanzt haben sie sich bis 
unsere Tage. Noch jetzt erzählt sie das alte Mütterchen dem aw
	        
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