Full text: Deutsches Lesebuch für einfache Schulverhältnisse

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zur Kirche oder sonst wohin gehe und die hohe Treppe hinunter 
müsse; bei der Schwester Lisabeth brauchte er keine Treppe5" 
steigen, die wohne zur ebenen Erde. — Damit er in Friede" 
wegkam, gab ihr der Alte zum Schein Recht und zog zu seiner 
andern Tochter. Und da er eine kurze Zeit bei ihr gewesen war, wur^' 
sie sein müde und ließ ihm durch einen Dritten zu Ohren komme"' 
ihr Quartier an der Pegnitz wäre zu feucht für einen Mann, der 
mit der Gicht geplagt sei; ihre Schwester, die Todtengräberin be> 
St. Johannes/ hätte eine überaus trockene Wohnung. Der 
glaubte selbst, sie könne Recht haben, und begab sich vor das Th^ 
zu seiner jüngsten Tochter Lena. — Und als er zwei Tage bei ihr 
gewesen war! sagte ihr Söhnlein zu seinem Großvater: 
Mutter sprach gestern zu der Base Lisabeth, für dich gäbe es kei^ 
besseres Quartier, als in einer Kammer, wie sie der Vater grabe- 
— Ueber diese Rede brach dem Alten das Herz, daß er in seine" 
Armftuhl zurücksank und starb. St. Johannes nahm ihn auf E 
ist barmherziger gegen ibn, als seine sechs Kinder; denn er lä>" 
ihn in seiner Kammer immer ungehindert schlafen seit der 
— Darum sagt man im Sprichwort, daß ein Vater leichter ka"" 
sechs Kinder ernähren, denn sechs Kinder einen Vater. 
Stöber. 
46. Das Angebinde. 
Als nun die Zeit, der Geburtstag des Vaters gekonin^,1' 
war, da sammelten die drei jüngsten Kinder Blumen, dl* 
allerschönsten und ganz heimlich, und flochten sie, daß 
der Vater nicht sähe, zum schönen Kranz und konnten ^ 
ganze Nacht kein Auge zuthun. 
Und als der Tag erwachte, gingen sie alle drei in de! 
Vaters Kämmerlein mit bloßen Füßchen, daß es der VaF* 
nicht höre, und trugen den Blumenkranz alle drei und legF'f 
ihn auf des Vaters Bett, ganz leise, daß es der Vater nie"! 
merke. Der Vater merkte es wohl; aber er that, als obe 
schliefe. ^ 
Und als nun Morgen war, da kam der Vater und lum 
den schönen Blumenkranz und sagte: „Wo sind die EngD1'! 
die mich bekränzet haben in der Nacht, da ich schlief- 
Und die Kinder kamen und hingen an ihm, küsseten ^ 
Vater und waren voll Freude. 
Da kam ein Mann, ein Bote, der brachte ein feifl^ 
rundes Fäßlein mit Reifen; darinnen war schöner Wein, v' 
Hochheim zu Hause, das Herz des Vaters zu erfreuen, 
war der Vater erfreuet, als er sah, daß der älteste Sohn 
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