D. Die Schule.
19. Bube und Bock.
1. Es war einmal ein Bube, der wollte lieber essen statt
lesen, hielt mehr von Nüssen als vom Wissen, mehr von Kernen
als vom Lernen, darum nannten ihn die Leute den Faulen.
2. Das wollte ihn aber sehr verdrießen, und er dachte:
„Wart, ich will’s euch allen zeigen, wie ich fleißig bin!“ nahm
ein Lesebuch und ging hinunter auf die Straße. Auf der Straße
lag ein dicker Baumstamm, auf den setzt sich der Knabe. Dort
mußten die Leute alle vorbei. Er nimmt das Buch auf den
Schoß, hält's aber verkehrt; denn die Buchstaben stehen alle auf
dem Kopfe. Da sitzt er, guckt hinein und baumelt mit den
Beinen. Bald nickt er aber mit dem Kopfe; denn er ist ein¬
geschlafen.
3. Wer kommt um die Ecke am Gartenzaun? — Der Ziegen¬
bock ist’s, ein muntrer Gesell, der seine Kopfarbeit wohl gelernt
hat und es mit jedem darin aufnimmt; denn seine Hörner sind
groß, und seine Stirn ist hart. Der tritt zu dem schnarchenden
Buben und sieht ihn nicken. „Hei!" denkt er, „meinst du mich?
Ich bin schon dabei!" Er stampft mit den Vorderbeinen und
geht einige Schritte zurück. Der Junge nickt wieder. „Gleich!"
meint der Bock, nimmt einen Anlauf, bäumt auf den Hinter¬
beinen empor und „puff!" gibt’s einen Stoß. Der Bock an des
Buben Kopf, der Bube rückwärts hinunter vom Stamme, das
Buch empor, hoch in die Luft! Heulend rafft der Bube sich auf
und eilt in das Haus. Hat er keinen Buchstaben im Kopfe, hat
er doch eine Beule daran. Der Bock steht aber verwundert über
den zu leichten Sieg wieder am Wege und wartet, ob wieder
ein Bube kommt, der nichts gelernt hat und auf der Straße dann
einschläft. Hermann Wagner.