86 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. 
Schlacht blieb unentschieden. Aber Kutusow zog es vor, noch 
weiter zurückzugehen und lieber Moskau preiszugeben, als eine 
neue Schlacht zu liefern. Jetzt verließ alles, was nur laufen oder 
fahren konnte, Moskau. Von 350,000 Menschen blieben kaum 
30,000 zurück. Graf Ro stop sch in, Befehlshaber der Stadt und 
ein wüthender Franzosenfeind, machte, ehe er die Stadt verließ, 
alle Anstalten, alles zu vernichten, was den Franzosen von Nutzen 
sein konnte. 
Sieben Tage nach der Schlacht, am 14. September 1812, 
erreichte Napoleon die Thore der Stadt. Sie standen offen, die 
Straßen waren leer, ganz wie einst in Rom beim Anzuge der 
Gallier. Kein Magistrat kam ihm entgegen; eine fürchterliche Stille 
lag über der ganzen ungeheuern Stadt. Mit Beklemmung hielt 
Napoleon endlich seinen Einzug und stieg im Kreml ab. Hier erst 
fing er an, sich zu beruhigen und rief freudig aus: „Also bin ich 
nun endlich in Moskau, im Kreml!" Indeß dauerte die Freude 
nicht lange. Napoleon hatte seinen Soldaten die Plünderung 
Moskaus als Belohnung für ihre Anstrengungen verheißen; aber 
die Erfüllung der auf den Besitz der Hauptstadt gerichteten Erwar¬ 
tungen wurde vereitelt. Schon in der Nacht vom 14. zum 15. 
September brach da und dort in der Stadt Feuer aus; die Fran¬ 
zosen plünderten und achteten daher wenig auf den Brand; auch 
fehlte es an Löschgeräthschaften, weil dieselben von den Russen mit¬ 
genommen worden waren. So brannte es den ganzen 15. hier 
und da. Aber am 16. Morgens erhob sich ein heftiger Wind. 
Mächtig schlug nun die Lohe himmelan und der Sturm peitschte 
die Flamme so schnell von Hans zu Haus, von Straße zu Straße, 
daß binnen einer Stunde die ganze unermeßliche Ebene längs dem 
Flusse nur ein Feuermeer war. Prasselnd wälzten sich die Feuer¬ 
wogen durch die Luft, und immer gräßlicher wurde der Sturm 
durch die von der Hitze ausgedehnte Luft. Keine Beschreibung kann 
das gräßliche des Schauspiels darstellen. Seit Troja's, Karthago's 
und Jerusalems Zeiten hat man nichts ähnliches gesehen. „Die 
Wuth der Flammen," sagt ein Schriftsteller, „die Angst der'Fliehen¬ 
den, die Wehklage der Verbrannten, das Gebrüll, Geschrei, das 
Toben der Pferde, Rinder, Hunde und Katzen, die wüthend und 
wild in die Flammen hinein- oder aus den Flammen herausstürzten; 
dazu die viehische Gier der Plünderer, der Mörder und Räuber, 
welche Schaareu von Flüchtlingen verfolgten und niederhieben, 
Thüren, Fenster, Gewölbe mit den Kolben einstießen, oder durch
	        
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