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Vorstadt, Anlage der Dorotheenstadt mit den Linden u. s. w.;
1688 20 000 Einwohner. — Auch Potsdam erweiterte und
verschönerte er.
Der Kurfürst war zweimal verheiratet. Nachdem er sich
umsonst um seine Cousine Christine v. Schweden be¬
worben, vermählte er sich (1646) mit Luise Henriette
v. Oranien, der Tante Wilhelms III. v. Oranien, die ihn
nicht nur auf seinen Feldzügen vielfach begleitete, sondern
auch _ grofse politische Einsicht besafs und durch eigenes
Einwirkon (z. B. auf den Frieden von Oliva) die Politik
ihres Gemahls unterstützte. Sie hatte 6 Kinder, von denen
nur 3 die Mutter, 2 den Vater überlebten: auch der begabte
Kurprinz Karl Emil starb früh im Alter von 19 Jahren. —
Die Kurfürstin ist die Begründerin von Oranienburg,
wo sie ein Waisenhaus errichtete; sie war wahrhaft
fromm, wenn auch so eifrig reformiert, dafs der Kur¬
fürst ihr zu Liebe die Lutheraner zurückzusetzen schien
Ihr (oder ihrem Hofprediger Bergius?) wird das Lied
Jesus, meine Zuversicht’ zugeschrieben. — Zweite Gemahlin
war (1658) Dorothea v. Holstein-Glücksburg, verwitwete
Herz. v. Lüneburg, die Begründerin der Dorotheenstadt in
Berlin (1674), damals einer Vorstadt vor dem Neuen Thor
des Friedrich-Werders, sowie der Linden. Weniger beliebt
als Luise Henriette, obwohl als Gattin und Mutter sehr an¬
zuerkennen, brachte sie durch zu weit gehende Berück¬
sichtigung ihrer (7) Kinder Unfriede in die kurfürstliche
Familie und rief die schlimmsten Gerüchte (von beabsichtigter
Vergiftung des Kurprinzen u. a.) hervor.
1640—1655 Friedrich Wilhelm schliefst mit den Schweden Frieden, erlangt
für seine westlichen Besitzungen Neutralität und ist unaus¬
gesetzt für den allgemeinen Frieden thätig, bei dem er
besonders die Ausdehnung des Religionsfrie de ns auf
die Reformierten erwirkt; alsdann ordnet er die Finanzen
seiner Staaten, schafft sich ein kleines, aber zuverlässiges
Heer und beschränkt im Interesse der Staatseinheit
die Privilegien der Stände in den einzelnen Landesteilen
(Mark, Pommern, Cleve, Gfsch. Mark u. s. w.), z. T. unter
Begünstigung des Adels.
1654 Christine von Schweden, hochbegabt, aber unweiblich und
ihrer Neigung zu den Wissenschaften und einem Hang zu
ungebundenem Leben nachgebend, dankt ab und tritt in
Innsbruck (1655) öffentlich zum Katholicismus über, bereits in
Schweden von Jesuiten, die sich in Verkleidungen ein¬
geschlichen, bekehrt.
Sio reiste, überall als gelehrte Frau mit Bewunderung
§enomn}en5 nac^ Italien u. Frankreich, musste letzteres
jedoch verlassen, als sie ihren Liebhaber, den Stallmeister
Monaldeschi, im Schlosse zu Fontainebleau in ihren
iimmern wegen Vertrauensbruches hatte hinrichten lassen.
Nach vergeblichen \ersuchen, den Thron wieder zu be-
1 io S*e’ aus Schweden ausgeschlossen, in Rom und
t ibSy, bd Jahre alt.