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aufs Haupt sehen. Aber die Stadt Neuß am Rhein schlug helden-
müthig 56 Stürme ab; gegen die Schweizer erlitt sein stolzes Ritter¬
heer bei Granson und Murten (1476) zwei furchtbare Niederlagen,
und als er im folgenden Jahre Lothringen angriff, verlor er durch die zu
Hülfe eilenden Schweizer und Straßburger bei Nancy (1477) Sieg und
Leben. — b. Seine einzige Tochter Maria vermählte sich mit Maxi¬
milian, dem ritterlichen Sohn des Kaisers. In dem Kriege, den Maxi¬
milian mit dem landersüchtigen französischen König Ludwig XI. um die
burgundischen Besitzungen zu führen hatte, wurde er von Kaiser und
Reich und nach Marias Tode (1482) auch von den Niederlanden ohne
Hülfe gelassen; er sah sich daher trotz seines Sieges bei Guinegate ge¬
nöthigt, das Herzogthum Burgund (Bourgogne) und die südwestlichen
Grenzprovinzen der Niederlande (Piccardie) an Frankreich abzutreten
(1. Raub Frankreichs); dagegen blieb die Freigrafschaft (FrancheComts)
jetzt dem Reiche noch erhalten.
1493 f §. 117. 3) Maximilian L, der „letzte Ritter". Maxi¬
milian schließt die Kaiserreihe des Mittelalters. Er war eine hohe,
kräftige Gestalt, tapfer und kühn, hochgesinnt, geistreich und milde. Er
folgte den Gemsen auf die steilsten Felsen (Martinswand), erlegte die
Bären im Hochgebirge, die Löwen im Kampfspiele, die Ritter im Turnier
(der Franzose Claude Barre in Worms). Er liebte Wissenschaft und
Kunst (Waffenschmieden) und sprach die bekanntesten europäischen Spra¬
chen. Aber ihm fehlte die Kraft und Beharrlichkeit Ottos I. unh Hein¬
richs III., um dem Reiche die alteGröße wiederzugeben.—Die wichtigsten
Einrichtungen, die er im Verein mit den Reichsfürsten schuf, waren:
a. der ewige Landfriede und das Reichskammergericht, welches alle
Streitigkeiten zwischen den Reichsständen zu entscheiden hatte; b. der
gemeine Pfennig, eine allgemeine Reichssteuer; c. die neue Kriegs Ord¬
nung (besoldete Fußsoldaten oder Landsknechte und leichte Reiter);
d. die Posten (1516 von Wien nach Brüssel); 6. die Einteilung des
Reichs in 10 Kreise: 1) der nieder sächsische — Holstein, Mecklenburg
und das Land zwischen der Unterelbe und Weser bis zum Südrande des
Harzes ; 2) der ob er sächsische — Brandenburg, Pommern, Kursachsen
und Thüringen; 3) der westfälisch-niederrheinische — das Land
zwischen Weser und Holland bis nach Paderborn und Dortmund, ferner
die Grafschaft Mark (a. d. untern Ruhr), das Herzth. Berg (a. d. Wup¬
per) und jenseit des Rheins die Herzth. Cleve und Jülich, dieStadtKöln
und das Bisthum Lüttich; 4) der mittelrheinische oder Kurkreis —
die Gebiete der 4 Kurfürsten von Köln, Trier, Mainz und Pfalz und die
Grafsch. Nassau; 5) der oberrheinische — Elsaß, Lothringen, Worms
und Speier, Frankfurt, Hessen; 6) der fränkische — die Bisthümer
Würzburg, Bamberg und Eichstädt a. d. Altmühl, die Fürstentümer
Anspach und Vaireuth, die Reichsstadt Nürnberg u. s. w.; 7) der schw ä-
bische —• vom Lech bis zum Oberrhein; 8) der bairische — vom Lech
und den Alpen bis zum Vöhmerwald; 9) der österreichische — Erz¬
herzogthum Oesterreich, Steiermark, Kärnthen, Kram, Tirol; 10) der
burgundische — die Niederlande nebst Luxemburg und der Freigraf-