Full text: Lesebuch für die Volksschulen des Fürstentums Schaumburg-Lippe

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Vor andern euch ergeben bin. 
Mit niomand mein' ich es so bieder; 
Ich weiss, ihr dient mir gern auch 
wieder, 
Wenn möeine Feinde in diesen 
Tagen 
Am Hofe mich aus Neid verklagen. 
Ihr sollt euch recht mit Honig 
mãsten, 
Und (merkt's euch) von dem aller- 
besten 
Hab' ich euch eure volle Tracht 
(Er meinte Prügel) zugedacht.“ 
„Möcht' es (dacht' Reinke) mir 
gelingen, 
Dich recht zum Honigmarkt zu 
bringen!“ 
Deéswegen log der Schalk so sehr; 
Und gläubiggabihm Braun Gehör. 
dSie kKamen zu des Bauern Zaun, 
Und höchlich freute sich der 
Braun; 
Doch sollt' ihm bald der Spals 
vergehn, 
Wie manchem Thoren oft ge- 
schehn. 
Der Abend war herange— 
Kkommen, 
Und Reinke hatte wahrgenommen, 
Dass Rustifeil in seinem Betteée 
Sich schonzur Ruh' begeben hätte. 
Es war des Dörfchens Zimmer— 
mann. 
Ein Eichentrumm, den er begann 
Zuspalten, lagschonhalbgekloben 
Auf seinem Hof; es steckten oben 
Zwei glatte Keile in dem Stamm, 
Die Reinke wohl in Obacht nahm; 
Die Spalte klafft' an éeiner Seite 
—BD—— 
„Ohm (sprach der Schelm), seht 
diesen Baum; 
Was in ihm steckt, das träumt 
euch kaum; 
Er hält mehr Honig, als ihr glaubt. 
Steckt nur recht tief hinein das 
Haupt; 
Nehmt aber nicht 2zuviel des 
düssen, 
Dass ihr's nicht mülst mit Leib- 
weh bülsen.“ 
„Ich danke sehbr für den Bericht 
(Sprach Braun), doch Warnung 
brauch' ich nicht; 
Ick bin kein Freund von Uhermut, 
Mass ist in allen Dingen gut.“ 
Kurz, blindlings liess sich 
Braun zum Thoren 
Gebrauchen; denn bis an die 
Ohren 
Steckt' in den Trumm sein Haupt 
der Gauch 
Und beide Vordertatzen auch. 
Auf sprang der Fuchs und 
z0g in Eile 
Heéraus die beiden glatten Reile; 
Da steckte Braun, der dumme 
Tropf. 
Im Klotze fest mit Tatz' und Kopf. 
War or gleich noch so gross und 
stark, 
So fand er doch jetzt schweres 
Werk, 
Wie Reineke ihn, eh' ér's dachte, 
8o boshaft in die Falle brachte. 
Laut heulend fing er an zu kratzen 
Mit seinen beiden Hintertatzen, 
Womit er so viel Laärmen machte, 
Dass Rustifeil davon erwachte. 
Er ging zu sehen, was es war, 
Und nahm, aus Vorsicht vor 
Geéfahr, 
Sein Schlichtbeil mit. Er kam 
heran 
Und traf den armen Bären an, 
Der in der Klemme heult' und pfiff 
Und laut vor Angst und Schmer- 
zen rief; 
Doch, gab er gleich sich alle Müh', 
Erlöst'er Tatz' und Kopf doch nie. 
Froh war der Fuchs, wie 
Rustifeil
	        
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