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Fest der Allerheiligen feiern, zu Spandau mit seinem ganzen Hofe und einer
zahlreichen Ritterschaft zur evangelischen Kirche über; am 2. November wurde
auch in Berlin der erste evangelische Gottesdienst gehalteu.
27. Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz, und der
Heidelbergische Katechismus.
Am 14. Februar 1515 wurde Friedrich in dem Städtchen Simmern
geboren. Sein Vater, welcher mehrere zwischen der Nahe und Mosel auf dem
Hunsrück gelegene Grafschaften besaß, war streng katholisch. Seine zwölf
Kinder ließ er auch sorgfältig in der katholischen Lehre erziehen. Der Erbprinz
Friedrich erkannte jedoch schon früh das Verderben des Papstthums und wandte
sich entschieden der evangelischen Lehre zu. 1557 starb sein Vater, und Friedrich
folgte ihm als Herzog von Pfalz-Simmern. Noch in demselben Jahre
führte er iu seinen Ländern die Reformation ein. Zwei Jahre später starb
auch der Kurfürst Otto Heinrich von der Pfalz. Sein Kurfürstenthum fiel
gleichsam an Friedrich, als seinen nächsten Verwandten, und Heidelberg wurde
dessen Residenz. In dem Gebiete des Kurfürsten Otto Heinrich halte die re-
formirte Lehre uud Ordnung des Gottesdienstes viele Anhänger gefunden.
Auch der neue Kurfürst war diesem Bekenntnisse zugethan und führte die ein¬
fache reformirte Ordnung des Gottesdienstes ein. Aus allen Kirchen wurden
die Altäre, Krucifixe, Bilder, Hostien, Kelche, geweihte Taufsteine, selbst die
Orgeln entfernt. Die letzteren sind fast 100 Jahre in der Pfalz stumm geblieben.
Die Universität Heidelberg besetzte er mit reformirten Lehrern. Unter denselben
verdienen besonders zwei genannt zu werden: Kaspar OlevianuS, ein
Schüler Calvill's, und Zacharias UrsinuS, ein Schüler Melanchthon's.
Diesen beiden Männern übertrug Friedrich die Aufgabe, einen Katechismus
oder christlichen Unterricht, wie er in den Kirchen und Schulen der kurfürstlichen
Pfalz getrieben werden sollte, zu verfassen. Beide schrieben zuerst jeder für sich
einen eigenen Katechismus. Dann arbeiteten sie gemeinsam. So entstand der
bekannte „Heidelbergische Katechismus". Die erste Frage und Antwort,
die wir dem Ursinus verdanken: „Was ist dein einziger Trost im Leben und
im Sterben?" und die 60ste: „Wie bist du gerecht vor Gott?" gehören zu dem
besten, was über diese Gegenstände gesagt worden ist. Als der Katechismus
fertig war, berief der Kurfürst, dem das Büchlein sehr wohl gefiel, die bedeu¬
tendsten Prediger der Pfalz zur Prüfung desselben nach Heidelberg, und es er¬
hielt auch deren Beifall. Auf Befehl des Kurfürsten wurde nun das Büchlein
gedruckt und in den Gemeinden der Pfalz eingeführt. Bald war daffelbe auch
in andern reformirten Gegenden und Gemeinden in Gebrauch. Holland und
Belgien, Hessenkassel, Ungarn, Polen nahmen den Katechismus an,
und später erhielt er auch für die Brandenburg-Preußischen Länder
verbindliche Geltung. Er wurde auch in die meisten europäischen Sprachen
und sogar in's Hebräische und Arabische übersetzt. (Nach einer Volksschrift.)
28. Das Kurfürstenthnm Braudeuburg erhält bedeutenden
Läuderzuwachs. (i609 und I6i8.)
1. Durch die clevische Erbschaft. Als im Jahre 1608 Kurfürst
Johann Sigismund die Regierung in Brandenburg antrat, war das Kur-
sürstenthum nur 666 Quadratmeilen groß, aber während seiner 11jährigen
Regierung vergrößerte sich dasselbe bis auf 1444 Quadratmeilen. Wie ging
das zu? — Hört's! —
Im Jahre 1609 war Johann Wilhelm, Herzog von Jülich, Cleve
und Berg und Graf von Mark und Ravensberg, gestorben, ohne Kinder
zu hinterlassen. Die nächsten Erben waren aber Johaun Sigismund und der
Pfalzgraf von Neuburg. Beide konnten sich aber nicht darüber einigen,