36 Erzählungen aus dem Leben zur Warnung
nicht mehr recht gesund zu sein. — Die frische, rothe Ge¬
sichtsfarbe, welche er sonst gehabt hatte, verlor sich; er war
blass und mager, war immer träge und verdrossen, und
hatte keine Lust zum Essen, ja er konnte sogar manche
Speisen nicht mehr verdauen, die ihm sonst recht gut be¬
kommen waren. Bald that ihm der Kopf weh, bald hatte
er Leibschmerzen, und oft zitterten ihm die Hände und Füße.
(Was war wol die Ursache, dass Stephan so sehr abnahm,
und so schwach wurde?) Unverständige Leute riethen seinen
Altern, dass sie ihm zuweilen ein wenig Branntwein ge¬
ben möchten. (Warum war dies kein guter Rath?) Sie
thaten es, weil sie hofften, ihn dadurch zu stärken; aber
sie schwächten ihn nur noch inehr, und Stephan mochte
nicht gestehen, was für eine unordentliche Lebensart er seit
einiger Zeit geführt hatte. (War es ein Wunder, dass
(Stephan nie wieder recht gesund wurde?)
Das war noch nicht alles Böse, wozu sich der leicht¬
sinnige Stephan verführen ließ. An einem Sonntage, als
er nicht wusste, womit er sich die Zeit vertreiben sollte, sah
er einige Kameraden in ein'Wirthshaus gehen, in dem
Musik gemacht wurde. Da geht es lustig zu, dachte Stephan,
und ging hinein. Einige seiner Kameraden saßen da in
einer niedrigen Stube, deren Wände von Tabacksdampf
ganz schwarz waren, an einem langen Tische, und zechten
tüchtig. Voll den vielen brennenden Tabackspfeifen war
die Stube so voll Dampf, dass man nicht einen Schritt
weit um sich sehen konnte. Nachdem man eine Weile bei
einander gesessen hatte, that einer den Vorschlag, ob man
nicht Karten spielen wollte. Alle waren es zufrieden, und
Stephan wurde auch dazu eingeladen; aber er verstand das
Spiel nicht. Doch bald fand sich einer, der sich erbot, es
ihm zu lehren, und ehe der Abend zu Ende ging, hatte es
Stephan schon gelernt. Am nächsten Sonntage fand er
sich wieder ein, und nun sollte er schon um Geld spielen.
Er hielt es für schimpstich, dies auszuschlagen, und siehe da-
er hatte das Glück zu gewinnen. Wir wollen hören, ob
das ein großes Glück war. Stephan bekam nun sehr viel
Luft zum Spielen, aber er war nicht immer so glücklich, wie
im Anfange; oft verlor er die Paar Groschen, welche er
seh-r nöthig gebrauchte, um sich Frühstück und Abendbrot zu
kaufen, und dann musste er hungern. DaS gefiel ihni frei¬
lich nicht, aber dennoch konnte er von dem Spielen nicht