Wehen des Waldes, das den Sinn geheimnisvoll umfängt und ihn
mit unsichtbarer Gewalt ins Reich der Wunder trägt. Und wir
haben auf deutscher Erde noch lustigen, schonen Wald, noch Wäl¬
der, wo der Wanderer meilenweit von jeder menschlichen Nieder¬
lassung entfernt nur den Schlag des eigenen Herzens in der Kirchen¬
stille der Wildnis hört. Privatbesitz ist bei den deutschen Völkern
erst spät und allmählich aufgekommen; noch jetzt gilt der Wald
für das einzige große Besitztum, das noch nicht vollkommen aus¬
geteilt ist. Im Gegensatz zu Acker, Wiese und Garten hat jeder
ein gewisses Recht auf den Wald, „und bestände es nur darin,
daß er nach Belieben in demselben herumlaufen kann". Und was
das allein wert ist, das empfindet man in Ländern, welche diese
Waldfreiheit und diesen süßen Waldfrieden nicht haben, in Eng¬
land, das nur eingehegte Parks, aber keine Wälder hat, in den
kultivierten Strecken der amerikanischen Union, wo die Fenzen liber¬
all auch den gemeinen Weg bannen. Man redet jetzt viel von
Schonung des Waldes, weil es an Holz gebricht oder die Flüsse
an Wassermenge abnehmen; aber nicht bloß vom Standpunkte des
Nutzens, sondern auch von höherem Gesichtspunkte ans sollte der
Wald gerade ans deutschem Boden geschont werden. Kein Volk
hat so schöne Lieder vom Walde als das deutsche; der Gedanke,
jeden Fleck Erde von Menschenhänden umgewühlt zu sehen, ist dem
deutschen Geiste zuwider. „Wir müssen beit Wald erhalten nicht
bloß, damit uns der Ofen im Winter nicht kalt werde, sondern
damit die Pulse des Volkslebens warm und fröhlich weiter schlagen,
damit Deutschland deutsch bleibe."
Die höheren Gebirgswälder Dentschlands bestehen vorzugs¬
weise aus der Edel- unb Rottanne, wozu in den Hochalpen noch
die Arve kommt, während die Kiefer ihren Standort hauptsächlich
in den sandigen Flächen des nordöstlichen Tieflandes hat. Die
Wälder der niederen Gebirge werden hauptsächlich von der Stein¬
eiche, Stieleiche und Rotbuche gebildet, unter die sich mehr zerstreut
eine bedeutende Anzahl anderer Waldbäume, wie Weißbuchen, Birken,
Ulmen und viele Arten der Gattungen Fichte und Esche mischen. In
wasserreichen Gegenden der Ebenen treten besonders die Eller, meh¬
rere Arten von Pappeln und Weiden hervor. Eiche, Buche und
Linde sind echt deutsche Bäume, die auch in Sagen und Märchen
eine große Rolle spielen. Mit der Linde siedelten unsere Vor¬