Full text: Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen der Volksschule

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Da sagte ich: „Lieber Bergmann! dann will ich auch einmal unter 
die Erde steigen, damit ich genau sehe, woher das Gold kommt." 
Der Bergmann aber war es nicht sogleich zufrieden; denn er sagte: 
„Unter der Erde in der Grube ist es dunkel, und es ist tiefer, als 
ein Brunnen. Wer da fällt, der kommt nimmermehr heraus." Ich 
aber hatte Muth und sprach: „Lieber Bergmann! ich fürchte mich weder 
vor der Dunkelheit, noch vor der Tiefe, und will mich festhalten, da¬ 
mit ich nicht Hinuntersalle." Da sagte er: „Wenn es so ist, so will 
ich dich mitnehmen. Komm, zieh hier einen Vergmannskittel an und 
binde dir eine Lederschürze hinten vor, so wie ich, und nimm ein 
Lämpchen in die Hand und folge mir nach!" Und nun ging es hin¬ 
unter. Wir setzten uns in einen großen Eimer und hielten uns fest 
an der Kette. Der Eimer wurde hinunter geleiert, und es wurde 
immer dunkler; man sah die Sonne nicht mehr, und von dem Himmel 
nur ein ganz kleines Stückchen. Endlich war der Eimer auf dem 
Boden, und wir stiegen aus; allein wenn wir keine Lämpchen gehabt 
hätten, so hätten wir gar nichts gesehen. Jetzt sagte der Bergmann: 
„Wir sind durch den Schacht, nun mästen wir in den Stollen 
gehen." Da gingen wir durch einen langen, dunkeln Gang, welcher 
der Stollen heißt, und welcher so niedrig war, daß der Bergmann 
gebückt gehen mußte; ich aber konnte gerade gehen, weil ich noch klein 
war. Zuletzt kamen wir zu den andern Bergleuten, die hatten alle 
lederne Schürzen hinten und Bergmannskittel, wie wir auch, und dann 
hatten sie spitzige Hacken in der Hand, damit hieben sie in den Felsen 
und sprengten große Stücke von einem glänzenden Steine ab, den 
sie Erz nannten. Einer aber lud das Erz in einen Karren und führte 
es den Stollen hinaus bis unter den Schacht, wo wir hergekommen 
waren. Dort that es Einer in den Eimer, und die, welche oben 
standen, leierten es hinauf. Da fragte ich: „Wo ist denn das Gold?" 
„Ei, sagte der Bergmann, das steckt in dem Erze, und wenn es in 
das große Feuer kommt, schmilzt es heraus." Nun wollte ich auch 
das große Feuer sehen; aber der Bergmann sagte: ich müsse Geduld 
haben, man könne nicht Alles auf einmal sehen, und ich solle nur hier 
recht Acht geben auf die Dinge in dem Bergwerke. Also betrachtete 
ich noch einmal die Bergleute in ihrem dunkeln Stollen, wie jeder 
sein Lämpchen an die Mauer gehängt hatte, und wie sie fleißig Erz 
abklopften und in den Karren luden. Auf einmal lautete die Abend¬ 
glocke; da legten sie ihr Werkzeug bei Seite und riefen: „Glück auf l" denn 
das heißt bei ihnen so viel als: „Guten Tag oder guten Abend!" Hieraus 
gingen sie unten an den Schacht, und ließen sich in dem Eimer hinaufleiern, 
und ich wurde auch htnaufgeleiert und freute mich, als ich wieder am 
Tageslicht und auf der Erde war, und dankte auch dem lieben Gott. 
3. Vier Räthsel. 
1. Es thürmt sich hoch, hoch in die Höhe, auf seinem Haupte die Wolke 
ruht, es schaut am frühsten der Sonne Gluth. Sein Kopf ist bedeckt mit Moo- 
fcn gar reich, sein Rücken trägt Bäume und viel Gesträuch. Doch oft ist sein
	        
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