Contents: Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen der Volksschule

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11. Zwei Gespräche. 
Ich stand einmal des Morgens im Dorfe an dem Kreuzwege, 
wo der eine Weg gleich in die Schule führt, der andere aber linkö 
nach der Kirmeswiese. Es war schönes Wetter. Da hörte ich zwei 
Knaben Folgendes sprechen: 
„Guten Tag, Karl!" 
Guten Tag, Michel! 
„Wohin gehst du, Karl?" 
In die Schule, Michel-! 
„Ei was! In der Schule ist's garstig, da muß man lernen; 
draußen auf der Wiese sollst Du einmal sehen, da ist's jetzt hübsch! 
Komm, wir wollen dahin gehen und spielen, Karl!" 
Am Abend, Michel! jetzt geh' ich lernen; ade! 
„Meinetwegen, geh' Du arbeiten, Karl! ich geh' spielen; ade!" — 
Zwanzig Jahre darnach stand ich in demselben Dorfe an der¬ 
selben Stelle. Es war ein böser, kalter Wintertag. Ein blasser, 
ärmlich gekleideter Mensch klopfte an der Thüre des Schulhauses an. 
Der Lehrer, ein junger Mann, öffnete diese, und ich hörte nun die 
Beiden Folgendes sprechen: 
„Guten Tag, lieber Herr!" 
Guten Tag, lieber Mann! 
„Ach Herr, erbarmet Euch mein!" 
Was verlangt ihr denn von mir? 
„Arbeit,^ Herr! Ich will Euch die Schulstube fegen, ich will 
Euch die Öfen heizen, oder andere Dienste der Art thun. Nehmt 
mich auf!" 
Könnt Ihr denn nicht beffere Arbeit thun, als die? 
„Nein, Herr!" 
Warum denn nicht? 
„Ich hab' nichts gelernt." 
Wie heißt Ihr? 
„Ich heiße Michel." 
Kommt herein, Michel! draußen ist's heute garstig, in der Schul- 
stube ist's schön. Da werdet Ihr hoffentlich auch jetzt noch etwas 
lernen. — 
Sie gingen Beide hinein, und die Thüre wurde wieder geschloffen. 
Der um Arbeit bettelnde Mann wußte in jenem Augenblicke noch 
nicht, wer der freundliche Lehrer war. Wir wissen es. Nicht wahr? — 
12. Ein Dutzend Sprüchwörter. 
1. Alles mit Gottl 2. An Gottes Segen ist Alles gelegen. 3. Bete und 
arbeite! 4. Gott sieht dich, Kind; drum sch-u die Sünd'I 5. Junge Müßig, 
zanger, alte Bettler. 6. Was du säest, wirst du ernten. 7. Man muß lernen, 
so lange man lebt. 8. Uebung macht den Meister. 9. Wer etwas kann, den 
hält man werth, den Ungeschickten Niemand begehrt. 11. Artig, ssink und rein 
muffen Kinder sein. 11. Morgenstunde hat Gold im Munde. 12. Nach gethaner 
Arbeit ist gut ruhen
	        
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