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zehren hatte, konnte es in der Geschwindigkeit nicht aasrechnen, wie es
möglich sei, täglich mit fünfzehn Kreuzern auszureichen und noch so frohen
Muthes dabei zu sein, und verwunderte sich darüber. Aber der brave Mann
im Zwilchrocke erwiederte ihm: „Es wäre mir übel gefehlt, wenn ich so
viel Geld brauchte. Mir muss ein Drittheil davon genügen; mit einem Drit-
theil zahle ich meine Schulden ab und das übrige Drittheil lege ich auf
Kapital an.“ Das war dem guten Fürsten ein neues Räthsel. Aber der
fröhliche Landmann fuhr fort und sagte: „Ich theile mit meinen armen
Eltern, die nicht mehr arbeiten können, und mit meinen Kindern, die es erst
lernen müssen; Jenen vergelte ich die Liebe, die sie mir in meiner Kindheit
erwiesen haben, und von diesen hoffe ich, dass sie mich einst in meinem
müden Alter auch nicht verlassen werden.“ War das nicht artig gesagt und
noch schöner und edler gedacht und gehandelt? Der Fürst belohnte die
Rechtschaffenheit des wackern Mannes, sorgte für seine Söhne, und der
Segen, den ihm seine sterbenden Eltern gaben, wurde ihm im Alter von
seinen dankbaren Kindern durch Liebe und Unterstützung redlich entrichtet.
„Des Vaters Segen baut den Kindern Häuser.“ (Leset Sirach 3, 1 —18.)
15. Meister Kämmerlein.
Vor etlichen und dreißig Jahren starb in einem preußischen Dorfe der Gemeinde-
schmied Jakob Horn. Im gemeinen Leben hieß er nicht anders, als Meister
Hämmerlein.
„Meister Hämmerlein? Ei, warum denn Meister Hämmerlein?"
Weil er die sonderbare Gewohnheit hatte, wo er ging und stand, sein Hämmer¬
lein und ein paar Nägel in der Tasche zu führen, und an allen Thoren, Thüren
und Zäunen zu hämmern, wo er etwas los und ledig fand. Vielleicht auch, weil
er über seinem Hämmerlein Gemeindeschmied des Dorfes geworden war.
„Wie wäre denn das zugegangen?"
Ganz natürlich, wie ihr sogleich hören sollt. Sein Vorfahr war gestorben.
Vier wackere Burschen hatten sich um den Dienst gemeldet und Dem und Jenem
Allerlei versprochen. Meister Hämmerlein hatte.sich nicht gemeldet und nichts ver¬
sprochen; er hämmerte bleß ein wenig an einer Gartenthür und erhielt dafür den Dienst.
„Und bloß für ein Bischen Hämmern?"
Bloß für e'in Bischen Hämmern! An einer Gartenthür, nahe am Dorfe,
hing schon wochenlang ein Brett ab. Meister Hämmerlein kam mit seinem Fell¬
eisen des Weges her. Flugs langte er einen Nagel und sein Hämmerlein aus
der Tasche und nagelte das Brett fest. Das sah der Dorfschulze. Ihm schien
es sonderbar, daß der landfremde Mensch das Brett nicht los sehen konnte, das
doch selbst der Eigenthümer des Gartens wohl zwanzigmal so gesehen hatte,
ohne es fest zu machen. Er wollte ihn anreden; aber der Bursche war fort, ehe
er ihm nahe genug kam.
Ein paar Stunden darauf ging der Schulze in die Dorfschenke. Sogleich
fiel ihm der junge Mensch ins Gesicht. Er saß ganz allein an einem Tischchen und
verzehrte sein Abendbrod. „Ei willkommen!" rief der Schulze. „Treffen wir uns
hier, guter Freund?" Der junge Mensch stutzte, sah ihm steif ins Gesichr
und wußte nicht, woher die Bekanntschaft kam. „Ist Er nicht der junge Wanderer,"
fragte der Schulze, „der diesen Abend da außen am Wege das Brett einer Garten¬
thüre fest gemacht hat?" — „Ja, der bin ich." — „Nun gut; so kommt, Nachbar
Hans," sagte der Schulze zu dem Eigenthümer des Gartens, der zufällig auch
zugegen war, „kommt und bedankt euch bei dem wackern Fremdlinge! Er hat
im Vorbeigehen eure zerbrochene Gartenthür wieder zurecht gemacht."— Nachbar
Hans schmunzelte, sagte seinen Dank, setzte sich neben dem Schulzen traulich zu
dem Fremdling und alle Gäste lauschten auf ihr Gespräch. Es betraf das Hand¬
werk, die Wanderungen und Kundschaften deffelben, und in Allen erwachte der
emmüthige Wunsch, ihn zum Gemeindeschmied zu bekommen, weil Allen der Zug
hon gemeinnütziger Denkart gefallen Hatte.