Object: Der sächsische Kinderfreund

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sprach der Glaubensheld, „bevor man mir nicht aus der Schrift be¬ 
weist, daß ich geirrt habe? Indessen vergebe Gott meinen Feinden." 
Der Henker that darauf seine Pflicht, und bald stand der Scheiterhaufen 
in Flammen. Noch hörte man den unglücklichen Huß rufen: „Jesu, 
Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich meiner!" In Kurzem legte 
sich der entstandene Wind; noch hing der obere Theil des Körpers, der 
mit der Kette befestigt war, an dem Pfahle, der untere Theil 
desselben war bereits in die Flammen gefallen. Damit der ganze 
Körper zu Asche verbrannt würde, stieß man den Pfahl um und warf 
noch dürres Holz darauf. Zuletzt warf man die Asche in den Rhein, 
weil man den Ketzer auch damit bestrafen wollte, daß man seine Ueber- 
reste nicht in der Erde^ruhen ließ. So endete der edle Huß. Seine 
Anhänger in Böhmen feierten noch lange den Geburts- und Sterbetag 
ihres Lehrers, und die Hussiten — so nannten sich die Anhänger — 
rächten seinen Tod durch den langjährigen Hussitenkrieg, der im löten 
Jahrhunderte ausbrach und in Böhmen wie in Sachsen schreckliche 
Verwüstungen anrichtete. Bald darauf, nämlich den 30. Mai 1416, 
starb Hieronymus von Prag, der eigentlich Faulfisch hieß, den¬ 
selben martervollen Tod auf dem Scheiterhaufen. 
Martin Luther. 
Martin Luther ward den 10. Nov. 1483 zu Eisleben in der 
Grafschaft Mansfeld geboren, wohin feine Aeltern des Jahrmarkts 
wegen gereist waren. Eigentlich wohnten sie in dem Dorfe Möhra 
zwischen den Städten Eisenach und Salzungen. Luther stammte aus 
einer armen Familie ab, wie Huß; denn sein Vater, Hans Luther, 
war ein gewöhnlicher Bergmann, und seine Mutter, Margaretha, 
eine geborene Lindemann, besaß ebenfalls keine Schätze. Späterhin 
verbesserten sich ihre Umstände,.als Hans Luther nach Mansfeld zog 
und daselbst ein Mitglied des Rathes ward; denn wegen seiner Ein¬ 
sichten sowohl, als wegen seiner Frömmigkeit stand er in allgemeiner 
Achtung. Seinen Knaben hielt er frühzeitig zum Lernen an; er trug 
üm als Rathsherr auf den Armen in die Schule, als der kleine Luther 
erst 3 Jahr alt war, und bat den Schulmeister ernstlich, ihn ja recht 
streng zu halten. Dieser ließ es auch daran nicht fehlen, so daß Luther 
späterhin selbst gestand, sein Schulmeister habe" ihn fünfzehnmal hinter¬ 
einander wacker gestrichen, d. h. geschlagen. In einem Alter von 
14 Jahren kam er auf die lateinische Schule der Franziskaner zu 
Magdeburg, wo er jedoch nur ein Jahr blieb, weil sein Vater nicht 
viel an ihn wenden konnte. Er besuchte daher 1498 die Schule zu 
Eisenach. Hier hatte seine Mutter einige Anverwandte, die ihn 
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