Full text: Das Vaterland (4 = 5. u. 6. Schulj)

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„Denn die Kugel pfiff mir just am Ohre vorbei, aber böse gemeint, 
und ich kann dich deswegen nicht ungestraft lassen! Sieh, diese Flasche 
ist voll guten Weins, und du hättest sie ganz bekommen, jetzt aber 
bekommst du sie nur halb!" — Darauf that der Preuße einen tüchtigen 
Schluck aus derselben, gab sie dann dem Schweden und ging ruhig 
davon. Caspari. 
205. Altes Gold. 
„Wo ein Kirchturm ist, da reckt der liebe Gott den Finger in 
die Höhe; denn es ist eine Kirche und ein Kirchhof dabei!" Also läßt 
sich ein uraltes deutsches Sprichwort vernehmen, und das ist ein 
goldenes, echtes und zeugt für den frommen Sinn unserer Voreltern. 
Du lieber Gott! für viele in unseren Tagen reckt da der Herr den 
Finger umsonst in die Höhe. Sie sehen ihn und denken dabei höch¬ 
stens an das Zifferblatt der Uhr, ob's bald Mittag oder Feierabend 
sein möchte. An ein Aufwärtsrichten des Herzens im Gebete denkt 
selten einer, noch seltener daran, daß am Sonntage der Herr mit 
dem ausgereckten Zeigefinger mahnt: „Lasset uns nicht verlassen unsere 
Versammlungen, wie etliche pflegen!" nicht, daß ein Kirchhof dabei 
ist, wo die Gräber sind, darinnen wir einst unser leiblich Teil zur 
Ruhe legen, während die Seele vor ihren Herrn und Richter tritt. 
O du, der du dies Sprichwort hier vielleicht zum ersten Male liesest, 
schreib' dir's in die Seele! Gottes Finger ist der hohe Turm, von 
dem die Glocke als ein Mahnruf dir in Ohr und Herz dringen soll. 
Er erinnert dich: „Hier ist eine Kirche, darin haben dein Vater und 
deine Mutter für dich gebetet. Komm und bete auch, daß deine 
Seele den Herrn finde, der vom Tode errettet!" „Es ist ein Kirch¬ 
hof dabei", mahnt er dich, „darauf auch du deine Ruhestätte finden 
wirst, wenn's Gottes Wille ist." Denk' an den Tod, daß dir das 
Leben zuteil werde! O. v. Horn. 
206. Goldene Sprüche. 
1. Für Gat nichts Gutes geben, ist eine böse That: 
für Böses Böses geben, ist ein verkehrter Rat; 
für Gutes Böses geben, ist schändlicher Beginn; 
für Gutes Gutes geben, gebühret frommem Sinn; 
für Böses Gutes geben, ist recht und wohlgethan; 
denn daran wird erkennet ein rechter Christenmann. v. Logau. 
2. Zufrieden fein ist große Kunst, z 3. Willst du, daß wir mit hinein 
zufrieden scheinen bloßer Dunst, i in das Haus dich bauen, 
zufrieden werden großes Glück, : laß es dir gefallen, Stein, 
zufrieden bleiben Meisterstück. daß wir dich behauen. Rückert. 
4. Thu' nur das Rechte in deinen Sachen, 
das and're wird sich von selber machen. Goethe. 
b. Der Schneeball und das böse Wort, 
sie wachsen, wie sie rollen, fort. 
Eine Handvoll wirf zum Thor hinaus, 
ein Berg wird's vor des Nachbars Haus. W. Müller. 
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