Full text: Das Vaterland (4 = 5. u. 6. Schulj)

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Schweppermann, überlassen. Die vorsichtigen Anordnungen dieses 
Anführers waren es dann auch, wodurch die hartnäckige Schlacht zu 
Gunsten Ludwigs entschieden worden war. Als nun am Abend die 
Feinde gänzlich das Feld geräumt hatten, und man für die Ver¬ 
wundeten gesorgt und die Gefangenen untergebracht hatte, da be¬ 
gannen die siegreichen Ritter samt dem Kaiser zu fühlen, daß sie 
den ganzen Tag gekämpft, aber nichts gegessen und getrunken hatten. 
Aber da war guter Rat teuer. Alle umliegenden Dörfer waren 
längst geplündert, wo nicht gar abgebrannt, und die Diener des 
Kaisers liefen lauge vergebens umher, bis endlich einer mit einem 
Korbe voll Eier zurückkam, welchen er seinem Herrn zu Füßen 
stellte. — „Ist das alles?" fragte Ludwig. „Alles, Ew. Majestät, 
ivas wir auf weit und breit haben finden können." — „Nun", sagte 
lächelnd der Kaiser, „dann müssen wir gewissenhaft teilen, damit 
keiner von den braven Rittern hier ganz hungrig schlafen gehen muß. 
Ihr Herren, tretet in den Kreis, damit jeder seinen Anteil empfange." 
Nun zählte er selbst die Eier und fand, daß nur eins mehr da 
war, als Ritter nmherstanden. „Gott segne uns das wenige, was 
er uns beschert hat!" rief er, indem er selbst ein Ei nahm, und zu 
seinem Diener sich wendend: „Jetzt teile sie aus! Jedem ein Ei, dem 
frommen Schweppermann zwei!" Dem alten Krieger gingen die 
Augen über, als er sah, wie er von seinem Kaiser geehrt wurde. 
Zwar bat er und noch viele andere Ritter mit ihm, der Kaiser möge 
erst besser für sich sorgen, sie würden schon noch etwas finden, aber 
Ludwig blieb bei seinem Ausspruche. „Ich habe nicht mehr gethan, 
als jeder brave Ritter; aber der Schweppermann hat mehr gethan 
als ein Dutzend von uns; ihm gebührt die Ehre!" Noch jetzt, nach 
500 Jahren, liest man des Kaisers Worte: „Jedem ein Ei, dem 
frommen Schweppermann zwei!" ans dem Grabsteine des letzteren. 
Curtman. 
8. Wilder ans der Kulturgeschichte des 
Mittelalters. 
32. Das Rittertum im Mittelalter. 
Anfänglich bestanden die Heere der Deittschen, wie auch der meisten 
übrigen Völker Europas, größtenteils aus Fußgängern. Der Reiter waren 
nur wenige, aber alle schwer gerüstet. Sie trugen Helme und Panzer, 
ihre Waffen waren Lanzen und furchtbare Schwerter. Wegen des Auf¬ 
wandes, den eine solche Rüstung erforderte, konnten nur die Reichen und 
Vornehmen zu Pferde dienen. Darum gab der Reiterdienst eine Art von 
Ansehen. und Adel, und immer strenger suchten sich die Reiter von den 
unteren Ständen, welchen bald allein der Dienst zu Fuße überlassen blieb, 
abzusondern. Um einen solchen Vorzug zu behaupten und immer mehr
	        
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