Full text: [Theil 2 = (6. Schulj.)] (Theil 2 = (6. Schulj.))

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Bereitet mir, was euer Haus vermag, 
ein Ordenskleid und einen Sarkophag! 
Gönnt mir die kleine Zelle, weiht mich ein! 
Mehr als die Hälfte dieser Welt war mein. 
Das Haupt, das nun der Schere sich bequemt, 
mit mancher Krone ward's bediademt. 
Die Schulter, die der Kutte nun sich bückt, 
hat kaiserlicher Hermelin geschmückt. 
Nun bin ich vor dem Tod den Todten gleich 
und fall' in Trümmer, wie das alte Reich. 
v. Platen. 
II. Wallenstein vor Stralsund. 
(1628.) 
Im Schatten einer Eiche 
Ist Friedlands Zelt erbaut; 
■es schüttelt ihre Zweige 
die alte Riesin laut. 
Umhüllt vom Purpurkleide 
im Zelt der Herzog sitzt, 
viel goldenes Geschmeide 
an Hals und Brust ihm sitzt. 
Doch finster hat zur Erde 
sein Auge sich gewandt, 
die Rechte mit dem Schwerte 
durchgräbt des Bodens Sand. 
Es sitzet ihm zur Seite 
Arnim, der Feldmarschall, 
des Blick schweift in die Weite 
hin nach der Festung Wall. 
Er spricht: „Nun selbst erfahren 
habt ihr der Bürger Muth! 
■Geschützt sind vor Gefahren 
sie durch der Ostsee Flut. 
Könnt ihr der Feinde Flotte 
nicht bohren in den Grund, 
so steht zu ihrem Spotte 
noch lang ihr vor Stralsund.“ 
Da hebt von seinem Sitze 
sich Friedland stolz empor, 
ihm sprüh’n des Zornes Blitze 
aus dunklem Auge vor. 
„Es schleudert in die Fluten 
den Dänen diese Hand! 
Den Schweden jagt mit Ruthen 
sie aus dem deutschen Land. 
Bei Gott! Stralsund erretten 
soll keine Macht der Welt, 
mnd hing es auch an Ketten 
fest an dem Himmelszelt.“ 
Der Herzog ruft’s im Grimme, 
da rauscht und ächzt zugleich 
es schaurig, wie die Stimme 
der Geister, im Gezweig. 
Vaterland II. O. 
Er hört’s und schauet düster 
nach dem Geräusch empor, 
bis es, ein leis Geflüster, 
im Baume sich verlor. 
Mit fragender Geberde 
blickt ihn der Marschall an; 
der Herzog sah zur Erde, 
bis lachend er begann: 
„Was ist’s? Die Winde brausen.“ 
Er greift in Hast zum Wein 
und schenkt mit innerm Grausen 
für sich und Arnim ein. 
„Stosst an und lasst uns trinken! 
Es gilt der Festung Fall. 
In kurzem soll sie sinken 
trotz Meeresflut und Wall!“ 
Die Becher sind erklungen 
in der erhobnen Hand, 
und Friedlands Glas zersprungen 
fiel klirrend in den Sand. 
Mit fragender Gebärde 
blickt ihn der Marschall an. 
Der Herzog sah zur Erde, 
bis lachend er begann: 
„Was ist’s? Ich stiess zu heftig. 
Bringt Gläser uns herbei!“ 
Ein Diener holt geschäftig 
der frischen Becher zwei. 
„Stosst an! Wir müssen trinken 
auf dieser Festung Fall, 
und morgen soll sie sinken! 
Stosst an, Herr Feldmarschall!“ 
Anstiessen sie bedächtig, 
es klang so hold und rein, 
und bei dem Klange mächtig 
auflachte Wallenstein. 
Doch oben durch die Eiche 
rauscht es wie Geisterton, 
als sprächen alle Zweige 
dem Schwur des Herzogs Hohn.
	        
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