Full text: Vaterland und Weite Welt (C. Oberstufe)

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Feind die Rippe kracht!" — so tönte es durch alle Öffnungen seiner Hütte, 
die unverstopften Löcher mitgerechnet, in alle vier Winde hinaus. Und 
gewiß, wenn Vater Fritz, der große Held des siebenjährigen Krieges, von 
diesem guten, alten Feldkameraden etwas Näheres gewußt hätte, er hätte 
den Simon Fladde in seiner Lehmhütte eigens besucht und beim Weggehen 
sicher gesagt: „Wahrlich, wenn ich nicht König Friedrich wäre, so möchte 
ich Simon Fladde sein!" 
So hohen Besuch bekam Simon Fladde nun freilich nicht, aber als 
der alte Herr Pfarrer, der vor Alter und Kränklichkeit gar selten hatte aus¬ 
gehen können, das Zeitliche gesegnet hatte, da ging einmal Simons Thür 
auf, und mit freundlichem Gruße trat bei ihm ein — der neue Herr- 
Pfarrer. Der hatte nämlich, so oft er abends oder morgens seinen Spazier¬ 
gang zum Dorfe hinaus machte, aus der Lehmhütte irgend ein schönes 
geistliches Lied vernommen und bei sich gedacht: „Wer mag denn da drinnen 
wohnen, der's ebenso schön kann wie mein Organist? Das ist gewiß der 
Invalide, von dem man mir schon erzählt hat! Laß doch.sehen!" — Und 
somit trat er hinein, als eben das Lied zu Ende war: „Auf, auf, ihr meine 
Lieder", das mit dem Verse endigte: 
Insonderheit am Ende, > Laß einst mich selig sterben 
Herr, deinen Trost mir sende! > und deinen Himmel erben! 
„Ei, grüß Euch Gott, Meister Simon! Muß Euch doch auch mal be¬ 
suchen. Wie geht's?" — „Schönsten Dank, Herr Pfarrer! Zu viel Ehre 
für mich armen Schelm!" — „Wie könnt Ihr doch so schön singen! Und 
gewiß glaubt Ihr auch, was Ihr singt!" — „Das sollt' ich meinen, Herr 
Pfarrer! Dieser Glaube ist eben mein Reichtum, und mit ihm habe ich 
bis jetzt ganz wohl hausgehalten." — „Ja, das sieht man Euch an; aber 
Eurer Stube —" „Der sieht man es nicht an, wollen Sie sagen. Die 
ist freilich dabei so leer geblieben, sowie auch meine Tasche; aber dafür ist 
mir das Herz täglich voll und der Topf auf dem Feuer nie ganz leer, und 
so tausch' ich doch mit dem reichsten Kornbauer nicht!" — „Das ist ganz 
gut, lieber Mann, aber es muß doch viel Sorge und Mühe machen, sich so 
der Not täglich zu wehren?" — „Ei, was hat sich da viel zu wehren: bin 
zwar Invalide und habe nur ein gesundes Bein, aber es müßte wunderlich 
zugehen, wenn die Not nicht vor mir davonliefe! Die hat Respekt vor 
meinem Schuhpfriemen, der guten Nachbarn nicht einmal zu gedenken, die ich 
zu Hilfe nehmen könnte, wenn ich wollte." — „Nun, das ist brav! Man 
sieht's, Ihr seid im Felde gewesen und fürchtet Euch vor keinem Feinde, — 
außer vielleicht vor dem, der, wenn er ausgetrieben ist, oft mit sieben 
ärgeren wiederkehrt." — „Ich weiß schon, wen Sie meinen, Herr Pfarrer! 
Der hat mich wohl in meinen jungen Tagen viel angefochten; aber ich 
hab's ihm dafür späterhin eingetränkt, daß er das Wiederkommen ver¬ 
gißt! Er muß die Lieder nicht leiden können, die ich singe, denn wenn 
er manchmal mit seinen Schmerzen ankommen will, so vertreibt ihn gleich 
ein: „Hilf, Helfer, hilf in Angst und Not", oder: „Kämpfe bis aufs 
Blut und Leben! Dring hinein in Gottes Reich! Will der Satan
	        
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