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3. Der Vater löst hierauf das Band,
giebt jedem einen Pfeil besonders in die Hand.
„Zerbrecht mir den!“ sprach er mit trüben Blicken,
und schnell war jeder Pfeil in Stücken!
4. „Merkt, Söhne“, rief er, „am zerbrochenen Geschoss.
Die Eintracht nur macht stark und gross,
die Zwietracht stürzet alles nieder.
Lebt wohl und liebt euch stets als Brüder!“ Geliert.
220. Wenn du noch eine Mutter hast.
1. Wenn du noch eine Mutter hast,
so danke Gott und sei zufrieden;
nicht allen auf dem Erdenrund
ist dieses hohe Glück beschieden.
Wenn du noch eine Mutter hast,
so sollst du sie mit Liebe Pflegen,
daß sie dereinst ihr müdes Haupt
in Frieden kann zur Ruhe legen.
2. Sie hat vom ersten Tage an
für dich gelebt mit bangen Sorgen,
sie brachte abends dich zur Ruh'
und weckte küssend dich am Morgen.
Und warst du krank, sie pflegte dein,
den sie mit tiefem Schmerz geboren;
und gaben alle dich schon auf, -
die Mutter gab dich nicht verloren.
3. Sie lehrte dich den frommen Spruch,
sie lehrte dich zuerst das Reden;
sie faltete die Hände dein
und lehrte dich zum Vater beten.
Sie lenkte deinen Kindessinn,
sie wachte über deine Jugend,
der Mutter danke es allein, sgend.
wenn du noch gehst den Pfad der Tu-
4. Und hast du keine Mutter mehr,
und kannst du sie nicht mehr beglücken;
so kannst du doch ihr frühes Grab
mit frischen Blumenkränzen schmücken.
Ein Muttergrab, ein heilig Grab!
Für dich die ewig heil'ge Stelle!
O, wende dich an diesen Ort,
wenn dich umtost des Lebens Welle.
Wilh. Kaulisch.
221. Wenn du noch eine Heimat hast.
1. Wenn du noch eine Heimat hast,
so nimm den Ranzen und den Stecken,
und wandre, wandre ohne Rast,
bis du erreicht den teuren Flecken.
2. Und strecken nur zwei Arme sich
in freud'ger Sehnsucht dir entgegen,
fließt eine Thräne nur um dich,
spricht dir ein einz'ger Mund den
Segen.
3. Ob du ein Bettler, du bist reich,
ob krank dein Herz, dein Mut beklom-
gesunden wirst du allsogleich, smen,
hörst du das süße Wort: Willkom¬
men!
4. Und ist verweht auch jede Spur,
zeigt nichts sich deinem Blick, dem nassen,
als grün berast ein Hügel nur
von allem, was du einst verlassen. —
5. O, nirgend weint es sich so gut,
wie weit dich deine Füße tragen,
als da, wo still ein Herze ruht,
das einstens warm für dich geschlagen.
Alb. Träger.