50. Der Wolf und die sieben jungen Geißlein.
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Doch geht es zur Ruh',
lacht es freundlich mir zu.
Und wenn es erwacht,
da küßt mich's und lacht.
Drum lieb' ich's so sehr,
wie nichts aus der weiten Erde mehr."
2. Lindlein, o sprich,
warum liebst du dein lUütterlein doch
so inniglich?
Und das Lindlein spricht:
„Das weißt du nicht? —
lDeil's mich hegt und pflegt,
auf den Armen mich trägt,
wacht, wenn ich bin krank,
gibt mir Speis' und Trank,
gibt mir Lleider und Schuh'
und viel Lüste dazu,
und ist mir so gut,
wie's kein andrer tut.
Drum lieb' ich's so sehr,
kann gar nicht sagen wie sehr, wie sehr!"
Robert Reinick.
50. Der Wolf und die sieben jungen Geißlein.
Wie der Wolf zweimal vergeblich an die Haustüre klopfte.
Es war einmal eine alte Geiß, die hatte sieben junge Geißlein
und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat. Eines
Tages wollte sie in den Wald gehen und Futter holen, da rief sie
alle sieben herbei und sprach: „Liebe Kinder, ich will hinaus in den
Wald, seid auf eurer Hut vor dem Wolf; wenn er hereinkommt, so
frißt er euch alle mit Haut und Haar. Der Bösewicht verstellt sich
oft, aber an seiner rauhen Stimme und an seinen schwarzen Füßen
werdet ihr ihn gleich erkennen.“ Die Geißlein sagten: „Liebe Mutter,
wir wollen uns schon in acht nehmen, Dir könnt ohne Sorge fort¬
gehen.“ Da meckerte die Alte und machte sich getrost auf den Weg.
Es dauerte nicht lange, so klopfte jemand an die Haustüre und
rief: „Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat