Full text: Realienbuch (Theil 2)

137. Der Lotse. 
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So gefährlich die Schiffahrt auf dem Meere ist, so 
durchschifft doch der Mensch furchtlos die wilden Meeres¬ 
wogen. Ein Dichter sagt: ..Eine Brust, mit dreifachem 
Erze gepanzert, hat der gehabt, der zuerst sein gebrech¬ 
liches Fahrzeug dem grimmigen Ocean anvertraut hat.“ 
Der Meeresgrund würde, wenn das Meer plötzlich 
zurücktreten könnte, Erhöhungen und Vertiefungen, Berge 
und Thäler zeigen, wie das feste Land. Weite Strecken 
desselben sind ebene Flächen, wie die Hoch- und Tief¬ 
ebenen des festen Landes. Eine solche gleichmässige 
Fläche befindet sich 3600 m unter dem Wasserspiegel 
zwischen Irland und Nordamerika. Sie hat es ermög¬ 
licht, einen Telegraphendraht, ein sogenanntes Kabel, 
zwischen Europa und Amerika zu legen, durch welches 
Nachrichten mit Blitzesschnelligkeit von einem Erdtheil 
zum andern gelangen. 
Das Meer ist die Mutter alles Lebendigen. Ein 
wunderbares Leben herrscht in der Tiefe desselben. An 
vielen Stellen ist sogar der Meeresschlamm förmlich leben¬ 
dig. Das Meerwasser hat eine bläuliche Farbe und einen 
bittersalzigen Geschmack; daher ist es nicht trinkbar. 
Bis in die neueste Zeit herauf musste ein Schiff, welches 
in See stechen sollte, mit einem ausreichenden Verrathe 
von süssem Wasser versehen werden. Vor kurzem ist 
es der Wissenschaft gelungen, das Meerwasser trinkbar 
zu machen, und jetzt ist auf einem gut ausgerüsteten 
Schiffe niemand mehr in Gefahr, auf dem Meere zu 
verdursten. 
137. Der Lotse. 
„Siehst du die Brigg dort auf den Wellen ? 
Sie steuert falsch, sie treibt herein 
und muss am Vorgebirg zerschellen, 
lenkt sie nicht augenblicklich ein. 
Ich muss hinaus, dass ich sie leite !“ — 
„Gehst du ins offne Wasser vor, 
so legt dein Boot sich auf die Seite 
und richtet nimmer sich empor.“ — 
„Allein ich sinke nicht vergebens, 
wenn sie mein letzter Bus belehrt; 
ein ganzes Schiff voll jungen Lebens 
ist wohl ein altes Leben werth. 
Gib mir das Sprachrohr! Schifflein, eile! 
es ist die letzte, höchste Noth.“ — 
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