Full text: Realienbuch (Theil 2)

292 
243. Maria Theresia. 
Worte zu machen? Ich lasse Eure Mühle taxiren und breche 
sie ab. Nehmt alsdann das Geld, oder nehmt's nicht!" 
Da lächelte der unerschrockene Mann, der Müller, und ent- 
gegnete dem König: „Gut gesagt, Herr König, wenn nur 
das Kammergericht in Berlin nicht wäre!" — nämlich, daß 
er es wolle auf einen richterlichen Ausspruch ankommen lassen. 
Der König war ein gerechter Herr und konnte überaus gnädig 
sein, also daß ihm die Herzhaftigkeit und Freimüthigkeit einer 
Rede nicht mißfiel, sondern wohlgefällig war. Denn er ließ 
von dieser Zeit an den Müller unangefochten und unterhielt 
fortwährend mit ihm eine friedliche Nachbarschaft. Der ge¬ 
neigte Leser darf aber schon ein wenig Respekt haben vor 
einem solchen Nachbar und mehr noch vor einem solchen 
Herrn Nachbar. 
243. Uni'in Theresia (1740—1780). 
M a r i a T h e r e s i a war die Tochter des Kaisers Karl VI. 
Da dieser keine männlichen Nachkommen hatte, so folgte 
ihm seine Tochter in der Herrschaft über die öster¬ 
reichischen Länder. Auf dieselben erhoben auch andere 
Fürsten Anspruch; deshalb wurde Maria Theresia in 
langwierige Kriege verwickelt, bei welchen sie aber im 
Ganzen glücklich war. Nur an Preussen musste sie 
Schlesien abtreten. Dagegen behauptete sie nicht nur 
selbst die Herrschaft, sondern bewirkte sogar die Wahl 
ihres Gemahls, des Herzogs Franz von Lothringen, zum 
deutschen Kaiser. 
Maria Theresia gehört zu den ehrwürdigsten Re¬ 
gentinnen der neueren Zeit. Dieselbe war eine schöne, 
geistreiche Frau von männlichem Charakter. Ihrem Ge¬ 
niale war sie mit solcher Liebe zugethan, dass sie nach 
seinem Tode nie wieder die Trauerkleider ablegte. Ueber 
ihr Land regierte die Kaiserin als wahre Mutter. In der 
Regel stand sie um 5 Uhr auf, verrichtete die Morgen¬ 
andacht und setzte sich dann an den Schreibtisch. Hier 
war sie fast den ganzen Tag mit den Regierungsangelegen¬ 
heiten beschäftigt. Menschen glücklich zu machen, war ihr 
ein Bedürfniss. Deswegen fanden Hilfsbedürftige stets 
reichliche Unterstützung. Da die hohe Frau selbst streng 
rechtlich war, so verlangte sie auch von ihren Unterthanen 
eine strenge Beobachtung von Recht und Gesetz.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.